Meine Norwegenreise im März 2012:

In allem steckt ein Gewinn

Ich war so angetan von meiner ersten Reise mit Hurtigruten, dass ich nach nur drei Monaten noch einmal fahren musste! Diesmal sogar dreizehn Tage lang, denn ich legte noch einen Tag für die Bergenbahn drauf. Diesmal fuhr ich nicht mit einer Reisegruppe, sondern mit ihm, den ich bei meiner letzten Reise nach Norwegen kennengelernt hatte. Allerdings hatte sich in der Zwischenzeit herauskristallisiert, dass wir energetisch absolut nicht zusammenpassten. Wo ich ein absoluter Optimist bin, reagiert er pessimistisch, wo ich in allem etwas Gutes und Sinnvolles sehe, nimmt er den Verlust wahr und gibt auf. Dieser Gegensatz in der Sicht auf das Leben sollte sich noch mehrfach auf dieser Reise zeigen.

1. Tag: 3. März: Oslo

Am 3. März ging es los. Wir flogen zunächst von Bremen über Amsterdam nach Oslo, wo wir am späten Nachmittag ankamen. Übernachten taten wir im „Clarion Royal Christiania Oslo“ am Hauptbahnhof, wo wir gemütliche und modern eingerichtete Zimmer hatten. Am Abend suchten wir uns ein Restaurant oder Bistro, um Essen zu gehen. Ich fand schließlich einen urigen netten Pub, in dem wir mitten unter Norwegern Pizza aßen und Rotwein tranken. Wir unterhielten uns sogar etwas mit dem Nebentisch, an dem zwei Männer und zwei Frauen älteren Semesters beisammen saßen und mit viel Wein und viel Lachen eine sympathische Runde bildeten. Meine paar Brocken Norwegisch, die ich inzwischen gelernt hatte, konnte ich allerdings nicht anwenden.

2. Tag: 4. März: Bergenbahn und Ankunft in Bergen

Den nächsten Tag begannen wir mit einem Frühstück in unserem Hotel, wobei ich überrascht von dem reichhaltigen Büffet war. Vor 10 Uhr checkten wir dann aus dem Hotel aus und gingen zum Busbahnhof, wo wir in einen Ersatzbus einstiegen, der uns nach Hønefoss bringen sollte. Denn eine Teilstrecke der Schienen der Bergenbahn war wegen Gleisarbeiten gesperrt. Nach etwa 60 Kilometern kamen wir an besagtem Bahnhof an, mussten dort noch etwa eine halbe Stunde warten und bestiegen dann endlich die legendäre Bergenbahn.

Diese ist eigentlich ein ganz normaler Zug, vergleichbar mit unserem IC. Abfahrt war um 12.22 Uhr. Die Fahrt mit der Bergenbahn dauert etwa sieben Stunden (für uns nur etwa 6 Stunden, da wir ja später zustiegen), in der man an zahlreichen Bahnhöfen vorbeikommt und ganz unterschiedliche Landschaften mitbekommt, von vegetationsreich in den Tälern Südnorwegens bis tief verschneit in höheren Gebirgslagen.

Gemächlich tuckerten wir an den bekannten roten oder gelben Holzhäusern, Wäldern, an schneebedeckten Bergen und gefrorenen Seen vorbei. Da es sehr warm und stickig im Zug war, gewöhnte ich mir irgendwann an, bei jedem Halt auszusteigen und frische Luft zu tanken. Auch Fotos machte ich an den Bahnsteigen, bis der Schaffner mich in den Zug hineindrängte, weil wir weiterfahren wollten.

Wir hielten an Orten wie Ål, Geilo (bekannter Skiort), Ustaoset und Finse. Im Bordrestaurant konnte man sich etwas zu Essen holen, was ich auch tat. Auf diese Weise lernte ich Lefse kennen, eine Art Pfannkuchengebäck – typisch für Norwegen.

 

Die Fahrt war spannend, aber anstrengend. Mein Reisepartner nörgelte und zeigte oft eine sehr pessimistische Sichtweise auf das Leben. Als ich ihn kennengelernt hatte, war mir das zunächst nicht aufgefallen, jetzt aber schon. Er sieht immer die negativen Optionen, nie die positiven. Immer denkt er daran, was alles Schlimmes passieren kann, und natürlich nährt er es mit seiner Angst, je länger er daran glaubt. Dies versuchte ich ihm immer wieder zu vermitteln. Ich sagte ihm, dass wir unsere Realität selber gestalten und dass das, an das wir glauben, zu unserer Wirklichkeit wird. „Wenn Du glaubst, dass es eine tolle Reise wird, dann wird sie auch fantastisch!“ sagte ich. Ich wusste nicht, dass im Zug in unmittelbarer Nähe eine Frau saß, die diese Worte vernahm…

Um kurz vor 18 Uhr erreichten wir den Bahnhof von Bergen. Von dort ging es per Transferbus zum Hurtigruten-Anleger. Dort wartete bereits die „MS Midnatsol" auf uns. Nachdem wir eingecheckt hatten, standen wir schließlich vor diesem monumentalen Schiff, und ich freute mich sehr, wieder mit Hurtigruten in See zu stechen. Wir gingen die Gangway hoch und liefen erstmal durchs Schiff, bevor wir unsere Kabinen besichtigten, vor denen auch schon unsere Koffer warteten. Ich hatte Kabine 721 auf Deck 7, während mein Reisepartner auf Deck 6 untergebracht war. Er hatte eine Innenkabine, und als Ersatz für das fehlende Fenster stand ein Fernseher darin, mit dem er nicht nur Programme sehen, sondern auch die Webcam-Aussicht des Schiffes betrachten konnte.

Beim Gang durch das Schiff traf ich auch gleich auf das erste Forumsmitglied. Denn seit der letzten Reise bin ich Hurtigruten-Fan und dem Hurtigforum (www.hurtigforum.de) beigetreten. Ich wusste, dass noch fünf weitere Mitglieder auf diesem Schiff mitreisen würden, und an den Buttons, die wir teilweise trugen, sollten wir uns erkennen. So traf ich „Polarstern“, die aus Berlin kommt. Sie erzählte mir, dass sie bereits ein weiteres Forumsmitglied geortet hatte: „Lynghei“ aus Hildesheim, der ich später am Abend auf Deck 9 vorgestellt wurde. Diese war zusammen mit Francoise aus Frankreich angereist. Beide hatten sich auf einer früheren Hurtigruten-Reise kennengelernt und waren nun Reisepartner. Ein weiteres Forumsmitglied, der später zu uns stieß, war „Finnmarken“ aus Köln, ein großer, gemütlich wirkender Eisenbahner, der im Zugrestaurant der Deutschen Bahn arbeitet, und eine Kuriosität, weil er bereits 19mal mit Hurtigruten gefahren ist – zuletzt im Dezember auf der „Polarlys“. Und ich dachte, ich wäre verrückt, so schnell wieder loszufahren!!

 

Dann ging ich ersteinmal in meine Kabine, um auszupacken und mich einzurichten. Ich stellte fest, dass die Kabinen sehr stark denen auf der „Polarlys“ gleichen, nur dass die Farben etwas abweichen. Diesmal hatte ich kein Bullauge, sondern ein größeres rundes Fenster mit eingeschränkter Sicht, weil eine Treppe und ein Rettungsboot davor waren.

Beim Abendessen – es war heute noch freie Platzwahl – wurde man vom Restaurantmanager schichtweise zum Essen geschickt, weil der Essensraum übervoll war. Wurde etwas frei, wurde der nächste zum Tisch gebracht. Ich saß mit einem netten jungen Mann am Tisch, während mein Reisepartner nicht auftauchte. Später stellte ich fest, er hatte die ganze Zeit vor dem Speisesaal auf mich gewartet und war nicht auf die Idee gekommen, nachzusehen, ob ich schon da war.

Nach dem Essen stromerte ich durchs Schiff und sah mir alles an. Ein bisschen kannte ich es ja schon von dem kurzen Besuch im letzten Jahr. Das Schiff war so groß, dass ich überlegte, wie lange es wohl dauern würde, bis ich weiß, wo alles ist und mich nicht immer wieder verlaufe. Die „MS Midnatsol“ hat neun Decks (die „Polarlys“ nur sieben) und Platz für 1000 Passagiere, von denen 644 übernachten können. Es gibt mehrere Aufenthaltsräume, Lounges und Salons sowie eine Bibliothek und eine Internetecke mit vier Computern. Nach draussen an Deck kann man von Deck 6 (vergleichbar mit Deck 5 auf der „Polarlys“) und Deck 9 (Polarlys: Deck 7) gehen. Es gab außerdem einen Bordshop und eine Caféteria, wo ich mir auch gleich mein Tee-Abo mit dem entsprechenden roten Becher holte.

Um 22.30 Uhr sollte unser Schiff ablegen, und wir gingen an Deck, um der Abfahrt beizuwohnen. Es wurde immer später, aber es geschah nichts. Sogar bis nach 1 Uhr hielten wir durch. Es stellte sich heraus, dass das Schiff einen Computerdefekt hatte, so dass die Maschinen nicht gestartet werden konnten. Das Problem war nicht technischer Natur. Vielmehr handelte es sich um ein Sicherheitsproblem. Da nicht abzusehen war, wann wir ablegen würden, legte ich mich irgendwann gegen 2 Uhr schlafen.

3. Tag: 5. März: Bergen

Am nächsten Tag wachte ich nach nur 5 Stunden Schlaf früh morgens in meiner Kabine auf und fragte mich, ob wir inzwischen losgefahren waren oder nicht. Ein Blick durch das Fenster sagte mir, dass wir noch immer im Hafen von Bergen lagen. Da kam auch schon die Borddurchsage von der Reisleiterin Kari, die sagte, dass das Schiff noch immer auf den Computerfachmann warte, der im Laufe des Morgens an Bord erwartet würde. So konnten wir nichts weiter tun, als es hinzunehmen und zu hoffen, dass wir bald loskönnen. Ein Gutes hatte dieser unfreiwillige Aufenthalt aber: denn so konnte ich mir endlich mal Bergen bei Tag ansehen. Bisher hatte ich es nur bei Nacht gesehen, weil die Reise für gewöhnlich abends spät losgeht und man davor keine Zeit hat, sich die Stadt anzusehen, wenn man am selben Tag anreist. Also machten mein Reisepartner und ich uns nach dem Frühstück auf den Weg in die Stadt.

Wir gingen bis zur Innenstadt und konnten vom Kaiufer auf die gegenüberliegende Altstadt Bryggen sehen. Dorthin gingen wir aber nicht. Stattdessen hatten wir uns vorgenommen, mit der Fløyenbahn zu fahren – einer Bergbahn, die auf den höchsten Aussichtspunkt Bergens führt. Wir wussten jedoch nicht, wie man dorthin kommt und konnten uns nur daran orientieren, die Bahn und ihre Aussichtsplattform weit oben auf einem der Berggipfel zu sehen und in die entsprechende Richtung zu gehen.

Doch zunächst sollte es anders als gedacht kommen, denn mein Reisepartner und ich waren uns uneinig, welchen Weg wir nehmen sollten. Ich hatte das Gefühl, dass wir auf der Straße, die wir gerade gingen, auf dem richtigen Weg waren, um zu der Fløyenbahn zu gelangen, während er darauf bestand, einen Weg hoch zu einem Wohnviertel zu nehmen. Keiner von uns wusste jedoch, wohin dieser wirklich führen würde, denn es handelte sich lediglich um eine Art Treppenaufgang, der auch ohne Weiteres in eine Sackgasse münden konnte. Mein Reisepartner ging schließlich einfach los und ließ mich mitten in Bergen alleine stehen – etwas, das man unter Freunden einfach nicht tut. Ich wartete noch eine Weile, aber er kam nicht zurück. Auch ans Handy ging er nicht. Ich muss verloren gewirkt haben, denn prompt sprach mich jemand an, den ich bald als einer von der Scientology-Kirche identifizieren konnte und dem ich höflich vermittelte, dass ich kein Interesse hätte.

Schließlich ging ich die Straße weiter, die ich ursprünglich gehen wollte und... traf auf den Eingang zur Fløyenbahn! Da war mein Instinkt also richtig gewesen. Kurzerhand sah ich auf die Uhr und erkundigte mich, wie lange die Fahrt dauern würde, um sicherzugehen, dass ich es noch rechtzeitig zurück zum Schiff schaffen würde. Es ging! Die Fahrt zur Aussichtsplattform dauerte nicht länger als 10 Minuten, so dass ich sogar noch eine Viertelstunde dort oben verweilen konnte.

Es war eine fantastische Aussicht auf Bergen. Ich konnte sogar unser Schiff am Hafen sehen. Und Glück mit dem Wetter hatten wir auch, denn die Sonne schien, und das ist für Bergen äußerst selten! Auf der Bahnfahrt kam ich mit einem älteren Ehepaar ins Gespräch, das ebenfalls von der „Midnatsol“ war. Mit diesem ging ich später zum Schiff zurück, da ich nun den Weg kannte. Normalerweise wären sie mit dem Hurtigruten-Bus zurückgefahren, doch da wir noch Zeit hatten, waren sie dankbar, noch ein wenig durch Bergen spazieren zu können. Mein Reisepartner, der dieses schöne Erlebnis durch seine Dickköpfigkeit verpasst hatte, rief mich während der Fahrt nach unten an. Er war inzwischen zum Schiff zurückgekehrt.

Um 13.00 Uhr mussten alle Passagiere wieder an Bord sein, weil man annahm, dass wir bald darauf ablegebereit seien. Doch dem war noch immer nicht so. Inzwischen gab es auch schon etwas Unzufriedenheit unter den Passagieren, denn es war klar, dass wir Torvik und Ålesund nicht anfahren würden, um die verlorene Zeit wieder aufzuholen. Mir machte das nichts, denn diese beiden Orte hatte ich schon bei meiner letzten Reise gesehen, Bergen aber nicht. Dadurch war die Verspätung sogar ein Gewinn für mich. Außerdem fand ich es gut, dass Hurtigruten so viel Wert auf Sicherheit legt, vor allem wenn man an das kürzliche Unglück der „Costa Concordia“ denkt. Für „Hurtigruten“ ist die Sicherheit wichtiger als das Einhalten von Ausflügen, auch wenn das bedeutet, dass Geld zurückbezahlt werden muss. Es gab sogar für alle Passagiere eine Entschädigung in Form eines Tagessatzes, die später automatisch überwiesen wurde. Losfahren taten wir schließlich mit 18-stündiger Verspätung – um 16.20 Uhr. Die Abfahrt erlebte ich diesmal bei Tag – auch etwas, was sonst nicht passiert wäre. Und wieder ein Gewinn!

Vorher kam es noch zu einer Begegnung mit der „MS Vesterålen“, die in Bergen ankam, als wir dort noch lagen.

Nach dem Mittagessen, saß ich mit „Polarstern" in der Bibliothek, wo wir ins Forum gingen – sie mit ihrem I-Pad und ich mit meinem Notebook. Dabei schauten wir durch ein großes Panoramafenster auf den Kai, wo gerade die Vesterålen wieder ablegte. Es war inzwischen bewölkt, und eben dachten wir, es würde anfangen zu regnen, als die Fensterputzer Wasser von oben die Fenster herunterklaschen ließen. Die Fenster hatten es auch dringend nötig.

Und dann ging es endlich los! Ich stand an Deck und erlebte wieder mit, wie wir den Hafen von Bergen verließen und in See stachen. Nach der Abfahrt hielt ich mich noch weiter an Deck auf, setzte mich in eine der Aufenthaltsräume und ruhte mich in meiner Kabine aus, da das Schiff die offene Seestrecke Stadhavet durchquerte und es ziemlich schwankte. Die „Midnatsol“ legte nun einen Zahn zu. Torvik und Ålesund wurden nicht angefahren, sondern es ging auf direktem Weg nach Trondheim.

Das Abendessen wurde in zwei Schichten abgehalten. Mein Reisepartner und ich waren für die zweite Schicht eingeteilt, die erst um 20.30 Uhr war. Sehr spät zum Essen, fand ich. An unserem Tisch saß ein nettes junges Paar, mit denen ich mich gleich gut verstand. Doch wer nicht kam war mein Reisepartner. Später hörte ich, er sei zur ersten Schicht erschienen, aber ob er dort auch gegessen hat, wusste ich nicht. Da ich nicht so gut auf ihn zu sprechen war, beließ ich es dabei und sah ihn an diesem Abend auch nicht mehr. Nach dem Essen setzte ich mich in die Lounge nahe der Bar, hörte der Musik zu und ging ins Internet, um einen Forumseintrag beim Hurtigforum zu machen, wo ich nun regelmäßig live von unserer Reise auf der „Midnatsol" berichtete. Anschließend ging ich schlafen. In der Nacht schaukelte es ziemlich und ich war froh, dabei zu liegen.

4. Tag: 6. März: Traumhafte Landschaften und ein Wiedersehen mit der "Polarylys"

Am nächsten Morgen wachte ich früh auf, schaute aus dem Fenster meiner Kabine und zog mich sofort an, um an Deck zu gehen. Um gleichzeitig Frühsport machen zu können, zog ich Sportsachen an, nahm aber auch meine Kamera mit, um Aufnahmen machen zu können. Es war tolles Licht! Und es gab bereits jetzt schneebedeckte Berge zu sehen!

Während ich walkte, blieb ich immer mal wieder stehen und machte Fotos. Auch „Polarstern" traf ich. Dann duschte ich und ging zum Frühstücken. Ich sah meinen Reisepartner, der sich alleine an einen Tisch setzte. Auch ich aß alleine. Vor dem Frühstückssaal stieß ich aber auf ihn und wir setzten uns hin und redeten. Er sah nicht ein, einen Fehler gemacht zu haben, und entschuldigte sich auch nicht dafür, mich stehengelassen zu haben. Ich führte dieses „Missverständnis" schließlich auf unser beider Dickköpfigkeit zurück und wir schlossen Frieden. Zum Abendessen sei er nicht gekommen, weil es ihm zu spät war. Er wolle in die erste Schicht wechseln. Dies hatte ich bereits auch getan, denn auch mir war das Essen um halb 9 abends zu spät. In Absprache mit den anderen Forumsmitgliedern, die beim Abendessen alle an einem Tisch sitzen, hatte ich den Manager des Restaurants, einen netten jungen Mann, gebeten, mich an den noch freien Platz an Tisch 60 bei den anderen zu setzen. Das ging, und darüber war ich sehr froh. Mein Reisepartner, der Schwierigkeiten hat, zu kommunzieren, war am Abend vorher einfach so in die erste Schicht gegangen, war aber vom Manager zurückgewiesen worden. Daraufhin war er zurück in die Kabine gegangen und hatte aufs Abendessen verzichtet. Ich erklärte ihm nun, dass er sagen muss, was er will, und dann würde der Manager das auch einrichten. Das tat er dann auch, und er wurde an Tisch 16 platziert.

Ich saß noch eine Zeitlang mit ihm zusammen und bin dann wieder an Deck, um mir die vorbeigleitende Landschaft anzuschauen. Ich traf auch die anderen und erfuhr, dass wir gleich der „MS Nordnorge" begegnen würden. Tatsächlich kam das Schiff dann auch an uns vorbei. Das Gehupe der Schiffe war einfach herrlich. Zwei des Hurtig-Forums standen an Deck und hatten das Banner des Forums an die Reling gehängt.

Mir kam es so vor, als ob wir einige Tage übersprungen hatten und diese Reise gleich im Norden gestartet hätten. Und so war es ja auch fast. Denn wir steuerten direkt von Bergen nach Trondheim, das wir um 12.40 Uhr erreichten. Statt der üblichen 6 Stunden Aufenthalt blieben wir jedoch nur 45 Minuten. Auf diese Weise hatte unser Schiff nun die 18 Stunden wieder eingeholt. Diese kurze Zeit stand ich bei strahlendem Sonnenschein an Deck und beobachtete, wie neue Passagiere an Bord kamen und Waren aufs Schiff gebracht wurden, vor allem Nahrungsmittel, was vom Hotelmanager überwacht wurde. Als das Schiff ablegte, saß ich bereits beim Mittagessen, das ich diesmal mit meinem Reisepartner einnahm. Wieder äußerte er sich so pessimistisch, und ich vermittelte ihm noch einmal, dass wir alles im Leben selber erschaffen – mit unseren Gefühlen und Gedanken. Am Nebentisch saß eine junge Frau. Sie hatte mitgehört, schaute jetzt herüber und sagte beipflichtend: „Ja, die Macht der Gedanken!“ Genau! Aber mein Reisepartner schien das irgendwie nicht zu verstehen.

Nach dem Essen setzte ich mich in eine ruhige Ecke nahe des Internet-Hotspots auf Deck 8 und schrieb einen Beitrag fürs Forum.

Den ganzen Nachmittag hielt mich danach auf Deck 9 auf. Es war wieder strahlender Sonnenschein, dessen Licht alles viel intensiver reflektierte. Wasser und Himmel waren von einem intensiven Blau, und die Berge glitzerten vom Schnee. Es war einfach unbeschreiblich. So dachten auch andere, denn viele Passagiere hatte es hinausgetrieben. Sie saßen auf Liegestühlen und hatten die Augen geschlossen, während sie ihre Gesichter lächelnd der Sonne zurichteten. Andere standen an der Reling, schauten verträumt aufs Wasser oder machten Fotos. In jedem Gesicht war ein zutiefst friedvolles Gefühl von Glück wahrzunehmen. Auch bei mir!

Während dieses Nachmittags kamen wir am Leuchtturm von Kjeungskjær vorbei, den ich diesmal in einem ganz anderen Licht betrachten konnte. Letztes Jahr war es neblig gewesen, während er jetzt in strahlendem Sonnenschein vor mir auftauchte. Zuvor waren wir am Leuchtturm von Agdenes vorbeigekommen. Ich blieb bis Sonnenuntergang an Deck.

Ich freute mich: Es ging zum Abendessen, und ich konnte nun am Tisch meiner Forumsfreunde sitzen. Mein Reisepartner tat mir ein bisschen leid, denn zum einen saß er nun an einem Tisch mit Fremden, und zum anderen hatte er sich erkältet.

Nach dem Abendessen erwartete mich etwas ganz Besonderes: Die Begegnung mit meiner „Polarlys", dem Schiff, auf dem ich im November meine erste Hurtigruten-Reise gemacht hatte. Ich war ganz aufgeregt, als die Gangway ausgefahren wurde und ich hinauskonnte. Da wir verspätet in Rørvik eintrafen, verkürzte sich die Liegezeit, die wir mit der „Polarlys" teilen würden, auf nicht mal 10 Minuten. Also lief ich los, erreichte die Gangway und ging freudestrahlend auf „mein Schiff". Sogar der nette Stewart war immer noch da. Ob er mich erkannte, weiß ich nicht. Fröhlich lief ich auf Deck 4, spazierte an der Marmorstatue vorbei durch die Caféteria und ging dann auf Deck 6 nach draußen und lief einmal ums Schiff. Danach – es waren noch ein paar Minuten Zeit – ging ich wieder auf Deck 3 und traf dort Lynghei und Francoise. Ich musste aber unbedingt mit jemandem von der „Polarlys" reden. Also sprach ich den Stewart an, der direkt an der Gangway stand. Ich erzählte ihm, dass die „Polarlys" mein Lieblingsschiff ist, und er erzählte mir, dass es auch sein Lieblingsschiff sei. „Die Polarlys hat Seele..." betonte er. Lynghei, die neben uns stand und zugehört hatte, ergänzte den Satz: „...während die Midnatsol ein Hotel ist!". Ja, so empfand ich es auch, auch wenn ich dies später revidieren würde, denn ich sollte später noch entdecken, wo das Herz der „Midnatsol" saß. Mit einem Blick auf den netten Stewart vom letzten Mal erkannte ich, dass er überlegte, woher er mich kennt. Aber es sind wohl zu viele Gesichter, die ständig auf dem Schiff ein- und ausgehen. So ging ich mit Wehmut wieder von Bord, aber glücklich, wieder hier gewesen zu sein.

Von Rørvik selber sah ich gar nichts. Nur mit dem Blick zum Himmel fiel mir die Konjunktion zwischen Venus und Jupiter auf, die mich die ganze Zeit begleitete und wohl auch das Thema dieser Reise bestimmte: Optimismus und Glück.

Noch während ich meinen Forumseintrag machte, kam es zu Polarlichtern. "Finnmarken" hatte sie entdeckt und gleich Kari Bescheid gesagt, die es per Borddurchsage bekanntgab. Das hatte ich nicht erwartet, denn wir waren nicht einmal oberhalb des Polarkreises! Schnell lief ich in meine Kabine, holte Kamera und Stativ und eilte auf Deck 9. Die Polarlichter waren sehr schwach, aber es waren welche zu sehen, wenn auch nicht für lange. Nachdem diese abgeebbt waren, ging ich nochmal in die Kabine, um mich wärmer anzuziehen. Als ich danach noch für eine Zeitlang draußen ausharrte, sah ich sie leider nur noch ansatzweise. Doch ich wusste: es würden mehr kommen, wenn wir erst einmal über dem Polarkreis wären.

5. Tag: 7. März: Eine ganz spezielle Fahrt durch Bodö und ein Schneespaziergang durch Svolvaer

Und dies war am nächsten Morgen der Fall. Um 7.15 Uhr überquerten wir die gedachte Linie des Polarkreises, erkennbar an einer kleinen Weltkugel, die auf einer Schäre steht. Wie ich erfuhr, verläuft diese Linie auch genau über einer bestimmten Bergspitze.

Zugleich erlebte ich wundervolles Morgenlicht, das einfach göttlich war. Ich duschte schnell und ging dann wieder raus, weil um 8.15 Uhr eine Begegnung mit der „MS Finnmarken“ anstand, die ich mir von Deck 9 aus anschaute. Danach bin ich erstmal mit Finnmarken frühstücken gegangen. Lynghei und Polarstern kamen auch noch dazu. Nur eine halbe Stunde blieb Zeit, dann kamen wir in Ørnes an.

Zuvor schaute ich noch bei meinem Reisepartner vorbei, um ihn zu fragen, ob ich ihm Frühstück bringen soll. Aber er wollte lieber Frühstücken gehen. Hätte er mal auf mich gehört. Denn als ich auf Deck 9 war und aus einiger Distanz der Polartaufe der anderen beiwohnte, wurde ich über Lautsprecher ausgerufen, ich solle bitte auf Deck 5 kommen. Als ich dort eintraf, stützten sie ihn gerade, da er gestürzt und gegen eine Tür gefallen war. Seine Nase war aufgeschlagen, aber verarztet hatte man ihn bereits. Ich konnte mir sofort herleiten, was passiert war und erklärte dem Restaurantmanager, der uns zum Büro des Hotelmanagers brachte, den Krankheits-Hintergrund. Denn er leidet aufgrund einer früheren Erkrankung unter chronischen Gleichgewichtsstörungen, die er durch die Grippe offensichtlich nicht mehr ausgleichen konnte. Nun warteten wir anderthalb Stunden lang im Büro des Hotelmanagers auf die Ankunft in Bodø, denn alle hielten es für das Beste, ihn zum Arzt zu bringen, um sicherzugehen, dass er keine Hirnverletzungen davongetragen hat. In Bodø angekommen, begleitete uns einer der Stewarts vom Schiff, der auch die meiste Zeit den Rollstuhl schob. Wir fuhren mit einem Taxi zum Arzt, wo wir – nach einer längeren Wartezeit – mit einer Ärztin sprachen. Ich erklärte, was passiert war und beschrieb die Krankengeschichte. Die Ärztin konnte keine neurologischen Schäden feststellen und verschrieb ihm Penicillin gegen die Grippe. Mit dem Rezept ging ich in eine Apotheke und besorgte das Mittel. Danach machten wir, dass wir wieder zurück zum Schiff kamen. Die ganze Zeit versuchte ich mich nicht zu ärgern, dass mein Urlaub und die Schönheit, die ich gerade erlebte, so jäh unterbrochen worden war. Und das gelang mir auch. Statt mich darüber zu ärgern, Bodø nicht sehen zu können, sah ich in der Extra-Taxifahrt eine Stadtrundfahrt, die mir sonst entgangen wäre. Und ich sagte mir, dass ich ohne diesen Vorfall so schnell keine echte norwegische Arztpraxis von innen gesehen hätte. Rechtzeitig kamen wir wieder am Schiff an, und ich konnte gerade noch einmal vom Schiff aus die Stadt ansehen, bevor wir auch schon wieder ablegten. Besonders war aber auch noch das Gespräch mit dem Stewart, der mir an der Rezeption normalerweise nicht sonderlich aufgefallen wäre. Während wir auf das Ergebnis der Blutuntersuchung warteten, unterhielten wir uns. Wie sich herausstellte, konnte er ganz gut deutsch, und so unterhielten wir uns auf deutsch und englisch. Er erzählte mir, dass er in seiner Kindheit regelmäßig in Deutschland, und auch in meiner Heimatstadt Bremen war. Und ich erzählte ihm von meinen Versuchen, norwegisch zu lernen.

Am meisten tat es mir aber um meinen Freund und Reisepartner leid, der nun nichts mehr von der Reise hatte. So etwas wünscht sich niemand auf solch einer schönen Reise! Das Mittagessen hatten wir auch verpasst. Für meinen Reisepartner, der froh war, sich hinlegen zu können, holte ich ersteinmal ein Brötchen aus der Caféteria. Ich selbst bekam überraschenderweise vom Restaurantmanager ein Freimenü aus der Caféteria, was ich total nett fand. Ich bestellte mir was zu Essen, setzte mich damit an einen Tisch und unterhielt mich während des Essens mit einer Norwegerin. Danach ging ich ins Internet und berichtete dem Forum erstmal, was passiert war. Von Hurtigruten war ich schwer beeindruckt. Wie unkompliziert und schnell sie mit dem Vorfall umgingen! Sogar die Taxifahrt zum Arzt hatte Hurtigruten übernommen. Hotelmanager und Stewart erkundigten sich danach immer, wenn sie mich trafen, nach meinem kranken Reisepartner. Hier entdeckte ich, wo das Herz der "Midnatsol" saß!

Zwischen 16 und 19 Uhr durchquerten wir den Vestfjord, wo es wieder schaukelig wurde. So ging ich in meine Kabine, legte mich hin und ruhte mich aus. Erst zum Abendessen stand ich wieder auf. Ich wollte meinem Reisepartner was zu Essen auf die Kabine bringen, doch der nette Restaurantmanager übernahm das für mich. Während wir aßen, legten wir in Stamsund an, blieben eine Viertelstunde und fuhren weiter. Um 20.30 Uhr standen wir wieder an Deck und beobachteten, wie die „MS Richard With“ an uns vorbeifuhr. Eine halbe Stunde später legten wir dann in Svolvær an. Hier hatte es geschneit, und Finnmarken und ich gingen los und spazierten durch die hafennahen verschneiten Straßen der Stadt. Ich freute mich so: Schnee!!!

Das hieß aber auch: keine Chance auf Polarlichter! Wieder auf dem Schiff ging ich kurz ins Internet, schrieb etwas im Forum und guckte nach der Sonnen- und Polarlichtaktivität. Wir hatten einen KP-Index von 6 und geomagnetischen Sturm, aber leider auch ein Wolkenband, das quer über Norwegen zog – genau da, wo wir waren! Nichtsdestotrotz veranstaltete Hurtigruten etwas auf Deck 9, damit alle draußen sind, falls es Polarlichter gibt. Es gab Fischfrikadellen und Fruchtwein aus dem Trollfjordbecher. Dabei fuhren wir durch den engen Raftsund, eine Meerenge, die die Grenze zwischen Vesterålen und Lofoten darstellt. Das Schiff glitt ganz nah an den Felsen vorbei und leuchtete diesen dabei aus. Fuhren wir etwa entgegen des Plans am Trollfjord vorbei? Das habe ich nicht ganz verstanden, denn der wird normalerweise nur im Sommer angefahren. Doch warum leuchtete man irgendwelche Felsen an? Um die Enge des Raftsunds zu demonstrieren? Wahrscheinlich. Spät an diesem Abend erreichten wir Stokmarknes, und danach Sortland, um in der Nacht Risøyhamn anzufahren. Doch da schlief ich längst.

6. Tag: 8. März: Tromsö

Auch heute wachte ich früh auf und es drängte mich sofort raus. Das schien zu einer Gewohnheit zu werden. Aufstehen, Zähneputzen, anziehen und raus auf Deck 6 oder 9. Geduscht und gefrühstückt wurde erst später. Auf diese Weise, so stellte ich fest, wurde ich richtig wach, auch wenn mir mein geliebter Morgentee schon fehlte. Es war wunderbar, die kalte Morgenluft zu spüren. Wir lagen gerade im Hafen von Harstad, als ich nach draußen trat. Auch hier lag Schnee. Als wir wieder losfuhren, legte die legendäre „MS Nordstjernen“ in Harstad an, der wir auf dem Rückweg noch einmal begegnen würden, wenn sie ihre letzte Fahrt antritt. Das Schiff wird nämlich ausgemustert und verkauft.

Nach dem Duschen und dem Frühstück schaute ich bei meinem Reisepartner vorbei, der krank in seiner Kabine lag. Er verlangte nach Orangen, daher ging ich in den Frühstücksraum und brachte ihm Apfelsinenscheiben und ein bisschen Brot. Dann ging ich wieder an Deck und machte weiter Fotos. Ungefähr zu diesem Zeitpunkt fand ich auch meine Lieblingsstelle an Bord: Am Bug, mit Fahrtwind im Gesicht und dem Blick nach vorne. Stundenlang könnte ich an Deck stehen und mir die eisige Landschaft ansehen. Die Berge waren jetzt schneebedeckt, und immer wieder kam etwas Licht durch die Wolken und zauberte ein Schimmern und Leuchten auf die Fjordlandschaft. Es war einfach wunderbar. Als die Schöpfung diesen Ort herbeigezaubert hat, muss viel Liebe im Spiel gewesen sein – das war mein Gedanke. Um 11.15 Uhr kamen wir in Finnsnes an. Dort ging ich kurz an Land, um Aufnahmen von der in wunderschönes gedämpftes Sonnenlicht getauchten Landschaft zu machen, die dadurch wie eine in Pastelltönen gemalte Landschaft aussah.

Einige Mütter kamen mit ihren Kindern an den Kai. Die etwa Zweijährigen winkten dem Schiff kräftig zu, und eine Passagierin erzählte mir, die Kinder würden alle Schiffe der Hurtigruten-Linie mit Namen kennen.

Nachdem wir Finnsnes verlassen hatten, fuhren wir unter der Gisundbrücke durch. Bis zum Mittagessen blieb ich draußen und ließ die Landschaft an mir vorbeigleiten, machte Fotos und staunte über die Schönheit, die sich mir bot, je nördlicher wir kamen. Nach dem Essen schaute ich wieder bei meinem Reisepartner vorbei und brachte ihm Mineralwasser. Er hatte weder das Essen vom Vorabend, noch die Orangen angerührt.

Ich ging dann wieder an Deck, bis wir um 14.30 Uhr in Tromsø einliefen. Von Weitem sah ich bereits die Eismeerkathedrale, die jetzt – tagsüber – nicht beleuchtet war, und die ich zum ersten Mal im Hellen sah. Ich ging mit Lynghei und Francoise in die Stadt und wir sahen uns alle möglichen wichtigen Sehenswürdigkeiten an. In die Kirche gingen wir, und ich entzündete eine Kerze für meinen kranken Reisepartner, mit der Bitte, er möge bald wieder gesund werden.

Auch die Bibliothek, der imposante gläserne Rundbau, sahen wir uns von innen an. Vom Dach bis zum Boden wies das Gebäude an der Seite eine Art Rutsche auf, auf der sich Schnee angehäuft hatte. Auf diese Weise werden Dächer entlastet, damit diese nicht unter der Schneelast zusammenkrachen. Das sollte man sich auch mal für Deutschland überlegen.

Dann bummelten wir durch die Stadt, auf dessen Straßen überall Schnee und an den Straßenrändern Schneeaufhäufungen lagen. In einer Apotheke kaufte ich mir Pflaster, weil ich mich einige Tage vorher am Finger verletzt hatte und besseres Pflaster brauchte, das sich beim Duschen nicht löste. Wir kamen an eine weitere Kirche, die jedoch geschlossen war. Von hier aus hatte man einen Blick auf die Eismeerkathedrale. Wir kamen auch am Polarmuseum und an der Amundsen-Büste vorbei.

In der Nähe fanden wir ein Studentencafé, in dem wir uns mit Tee bzw. heißem Kakao aufwärmten. Es hatte angefangen zu schneien, und wir sahen durch ein Fenster, vor dem ein Kerzenlicht stand, dem Schneegestöber zu. Auf dem Rückweg zum Schiff kamen wir noch an einer Arctic-Polar-Galerie und einem Hotel namens „Aurora“ vorbei (nach Aurora borealis – Polarlicht).

Sogar eine Demo sahen wir. Einem Musikantenfestzug folgte eine ganze Reihe junger Leute mit Transparenten, die durch die Straßen Tromsøs zogen. Zum Schluss gingen wir noch in ein Einkaufszentrum, wo ich Tee (der „Midnatsol" hieß) als Mitbringsel für meine Nachbarn fand. Als wir zum Schiff zurückgingen, war es bereits dunkel geworden. Es war ja auch schon 18 Uhr – anders als im November, wo es während der Polarnacht bereits um 16 Uhr dunkel in Tromsø war. Um 18.30 Uhr verließen wir diese schöne Stadt wieder

Dann gab es Abendessen. Diesmal servierte man Klippfisch, den ich nicht besonders mochte. Später erfuhr ich, dass es gar kein Klippfisch war, sondern Stockfisch, den ich schon bei der letzten Reise nicht mochte. Genaugenommen ist es aber beides Kabeljau bzw. Dorsch, nur dass Klippfisch vor dem Trocknen gesalzen wird. Dass ich als Vegetarierin auf den Hurtigruten-Reisen Fisch esse, weil es ja sonst gar keine guten Mahlzeiten mehr für mich gäbe, ist schon ein Kompromiss, aber die Alternativen, die man mir beim Abendessen als „Vegetarisches Gericht“ anbot, wenn die anderen Fleisch bekamen, waren jedes Mal eine Herausforderung. Wenn das Essen serviert wurde, hatte ich schon im Vorfeld Angst, es gibt wieder eine vegetarische Peinlichkeit. Die Norweger sind es nicht gewohnt, vegetarisch zu kochen, weil alle Fleisch und Fisch essen. Tofu scheinen sie nicht zu kennen, aber vielleicht sollte ich das mal anregen. Denn die vegetarischen Mahlzeiten waren jedesmal lieblos zusammengestellte „Ausweichmanöver“, weil der Chefkoch wohl nicht weiß, dass man ein vegetarisches Gericht einem Fleischgericht ähnlich machen kann. Statt Rentierfleisch auf Rucola bekam ich Melonenstückchen auf Rucola. Statt Rindfleisch bekam ich mit Gemüse und Mais gefüllte Paprika. Und weil wohl auch Fleischbrühe in die Suppen getan wurde, bekam ich geschmacklose Suppen. Man ließ einfach das Gewürz weg, statt einen Ersatz zu nehmen. Einmal ließ ich mein Essen ganz stehen und machte mir aus lauter Verzweiflung aus dem Brot, das immer auf dem Tisch stand, ein Sandwich, bestehend aus Butter und Salatblättern, das einzige, das ich von meinem Essen genießbar fand. Wenn auch alles an dieser Reise wunderbar war – das Abendessen für Vegetarier war wirklich ein Alptraum. Und so kreuzte ich auf dem Zufriedenheits-Bogen, bei dem man eine Reise gewinnen konnte, auch nur an einem einzigen Punkt an, dass ich unzufrieden war: beim Abendessen. Ansonsten waren die Abendessen aber immer schön, denn wir vom Forum saßen alle an einem Tisch. Die zwei weiteren älteren Herren, die bei uns saßen – beide auf Krücken bzw. mit Spazierstock – waren sehr nett. Der eine, Diabetiker, war ein sehr liebenswürdiger Mensch, der erst aus sich herauskam, wenn man ihn ansprach, und der andere stellte sich als eine wahre Fundgrube an Wissen heraus, was Schiffe und Fliegerei betraf. In seinen jungen Jahren war er viel in der Welt herumgekommen und hatte viele Häfen und Schiffe gesehen und Flugzeuge geflogen.

 

Nach dem Essen schaute ich bei meinem Reisepartner vorbei. Ihm ging es besser. Ich dachte daran, wie ich für ihn die Kerze angezündet hatte. Ob das dazu beigetragen hat? Ich wusste ja: Die Macht der Gedanken bestimmt unsere Realität… Er hatte sich für den nächsten Tag vorgenommen, aufzustehen und seinen Kreislauf in Gang zu bringen. In Absprache mit unserem Tisch bot ich ihm an, er könne, wenn er wieder gesund ist, bei uns am Tisch sitzen. Mit der Betonung, wenn er wieder gesund oder nicht mehr ansteckend ist – denn natürlich hatten wir Angst, uns bei ihm anzustecken. Keiner will während solch einer Reise krank werden!

Nun ging es auf Deck 9, denn dort wurde auch heute Abend etwas geboten: das obligatorische Stockfisch-Probieren. Der Käpt´n höchstpersönlich erzählte etwas über Stockfisch, und der Hotelmanager schlug einen der armen getrockneten Fische auf, der dann als Kostprobe herumgereicht wurde.

Kurz nach dem Stockfisch-Event fuhr unser Schwesterschiff, die „MS Trollfjord“ an uns vorbei. Und: Gab es heute Polarlichter? Die Aktivität war wieder hoch, doch der Himmel war wolkenverhangen. Immer wieder ging ich später raus, um nachzusehen, ob sich doch noch was zeigt – erfolglos. Am Ende setzte ich mich noch ein wenig in die Bar und gesellte mich mit einem Glas Rotwein zu Stefan, den ich beim ersten Abendessen kennengelernt hatte. Auch Katja und Thomas, das Paar aus der zweiten Essensschicht, kamen noch vorbei und erzählten, wie ihre Husky-Schlittentour war und zeigten Fotos. Nun schaukelte das Schiff wieder kräftig, da wir eine offene Seestrecke durchquerten, die Lopphavet.

7. Tag: 9. März: Das Nordkap und ein arktischer Schneesturm

Am nächsten Morgen bin ich gleich nach dem Aufwachen wieder auf Deck 6 gegangen, um das Morgenlicht einzufangen. Von Deck 9 aus machte ich sagenhaft schöne Aufnahmen! Das Frühstück ließ ich ausfallen, da ich wusste, dass es wegen des Ausflugs zum Nordkap schon früh Mittagessen geben würde. Zwischendurch duschte ich, und dann ging ich mit meinem Reisepartner an Deck, der aufgestanden war und frische Luft schnappen wollte. Er hatte sogar ein bisschen gefrühstückt. Danach saß ich noch eine Zeitlang mit ihm auf Deck 5. Auch gab es mal wieder eine Begegnung mit einem anderen Hurtigruten-Schiff, diesmal mit der „MS Kong Harald“.

Nach dem Mittagsbuffet legten wir um 11.45 Uhr in Honningsvåg an, um mit sieben Bussen (!) zum Nordkap zu fahren. Die Fahrt dorthin ging durch die Finnmark und mehr als 300 Meter hoch ins Gebirge. Diesmal war es ganz anders als im November. Kein Sonnenuntergang, aber dafür viel Schnee! Vor uns fuhr ein Schneepflug, um den Weg freizuräumen. Das ist Pflicht um diese Jahreszeit; ohne Pflug darf man gar nicht hier hochfahren.

Nach etwa einer halben Stunde kamen wir oben am Nordkap an. Da ich einer der ersten war, der aus den Bussen ausstieg und durch die Nordkaphalle zum Globus ging, war es mir möglich, das Nordkap-Symbol fast frei von Menschen aufzunehmen. Hier stand ich nun zum zweiten Mal auf den Koordinaten 71°10’21’’, dem nördlichsten Ende von Europa, von wo aus es nur noch knapp 2000 Kilometer bis zum Nordpol sind. Bevor der Ansturm losging, machte noch jemand ein Bild von mir vor dem Globus.

Es lag Schnee und stellenweise war der Platz vor dem Globus stark vereist. Außerdem herrschte extremer Wind. Dieser war so stark, dass er mich einmal fast wegwehte und mich dabei über eine vereiste Fläche trieb. Ich konnte mich gerade noch festhalten. Die vielen Menschen trieben mich schließlich zurück in die Nordkaphalle, wo ich ein paar Karten, Briefmarken und Souvenirs kaufte, mich mit einem Tee ins Café setzte und eine Postkarte an mich selbst schrieb. Bald sah ich vom Fenster aus, dass kaum noch Leute draußen waren. Ich musste wieder raus! Niemand war mehr am Globus, doch die vereisten Flächen und der starke Sturm ließen es nicht zu, zu ihm hochzusteigen. Trotzdem schien weit über uns eine strahlende Sonne. Ich ging auf die andere Seite der Nordkap-Halle, schaute aufs Meer hinaus und betrachtete Knivskjellodden, wo auf 71°11’08’’ der eigentliche nördlichste Punkt liegt. Auf einmal verdunkelte sich der Himmel und es kam ein Schneesturm auf. Er dauerte nur kurz, aber es war ein kalter, hart ins Gesicht schlagender Schnee, der sich wie ein Hagelkorngewitter anfühlte. Ich sah auf Eisflächen, auf denen plötzlich Schneeverwehungen wirbelten, als sei ich in einem Wüstensturm.

Es hielt nur ganz kurz an, dann kam die Sonne wieder durch. In diesem einen Augenblick ließ das Sonnenlicht den aufstobenden Schnee aussehen, als ob glitzernder Sternenstaub durch die Luft flog. Es war zauberhaft. Und … ich hatte einen arktischen Schneesturm erlebt!!

Auf der Rückfahrt fuhren wir durch die Stadt Honningsvåg, die ich zum ersten Mal wahrnahm und als sehr schön und beschaulich empfand.

Wieder an Bord gab es heißen Kakao und Kuchen. Polarstern und ich saßen gemütlich im Salon auf Deck 8 zusammen und gingen ins Internet. Gegen 17 Uhr passierten wir die berühmte Finnkirche, eine Felsformation, die wie eine Kirche aussieht. Das bekam ich jedoch nicht mit. Kurz danach legten wir in Kjøllefjord an, einem Hafen, den ich auf meiner letzten Reise verpasst hatte. Es wurde gerade dunkel, und die Lichter der kleinen Stadt glitzerten, was ich sehr schön fand. Es erinnerte mich daran, wie ich im letzten November fast alle Häfen gesehen hatte: im Dunkeln.

Hier kamen Krabbenfischer an Bord, was ich bei meiner letzten Reise verpasst hatte. Die Fischer standen an Deck 9 und präsentierten die großen Königskrabben. Micha, den ich am Tag zuvor an Bord kennengelernt hatte, und ich dachten dasselbe, als die Krabben hilflos dalagen und von jedem angefasst wurden: „Und was ist mit Tierschutz?"

Das heutige Abendessen bestand zu meiner Erleichterung diesmal aus einem Buffet. Allerdings mit Königskrabben, was ich ziemlich makaber fand, auch wenn es nicht die waren, die uns gezeigt worden waren. Mein Reisepartner war erstmals wieder zum Essen auf und saß nun an unserem Tisch. Während wir beim Essen saßen, legten wir für eine Viertelstunde in Mehamn an. Nach dem Essen schaute ich nach der Polarlichtaktivität. Und die sah ganz optimistisch aus, denn die Wolken der letzten Tage hatten sich verzogen! Und tatsächlich: Als wir später auf Deck 9 standen, bekamen wir Polarlichter zu sehen. Sie waren zwar etwas schwach, aber immerhin. Ich fror jedoch sehr und bekam auch keine so guten Aufnahmen hin. Irgendwie flutschte es nicht. Ich war angespannt, stellte die Kamera falsch ein und fror entsetzlich. Zwischendurch fuhr die „MS Lofoten“ an uns vorbei und wir legten kurz in Berlevåg an. Irgendwann war es so kalt und stürmisch an Deck, dass wir alle wieder reingingen, uns in die Bar setzten und unsere Fotos begutachteten. Bald darauf gingen wir auch schlafen.

8. Tag: 10. März: Kirkenes und Polarlichter

Auch heute morgen sprang ich fast direkt vom Bett auf Deck 6, um nichts zu verpassen. Wir kamen gerade im Hafen von Vadsø an, wo es gerade schneite. Reste von Schnee auf dem Schiff verrieten, dass wir in der vergangenen Nacht durch Schneegestöber gefahren waren. Wie jeden Morgen traf ich auch wieder den einen oder anderen von unseren Leuten. Meistens lief mir zuerst Polarstern über den Weg, die stets früh schlafen ging und morgens früh an Deck stand, um den Sonnenaufgang zu verfolgen. Auch Finnmarken war immer schon früh unterwegs.

Ich ging nach einer Weile Duschen und anschließend Frühstücken. Um 9.45 Uhr kamen wir in der nordöstlichsten Stadt von Norwegen an: Kirkenes nahe der russischen Grenze. Diesmal hatte ich einen Ausflug gebucht: die Besichtigung des dortigen Schneehotels. Es war wieder strahlender Sonnenschein, und der viele Schnee, der in Kirkenes lag, schimmerte sanft im Sonnenlicht. Mit dem Bus fuhren wir durch die Stadt, vorbei an bunten Holzhäusern, schneebedeckten Hügeln und zugefrorenen Seen.

Das Schneehotel, das wir uns dann ansahen, bestand ganz aus Eis und Schnee, nur die Eingangstür und die Matrazen und Kissen waren nicht aus Eis. Jeden Winter wird es neu aufgebaut. Selbst die Schrift ist aus Eis. Das Hotel besteht aus einer Lobby mit Bar, in der jeder Besucher eine Art Likör zu Trinken bekam, sowie mehreren Gängen, von denen Zimmer abgingen. Türen gab es nicht; die Eingänge werden jeweils mit Stoffen verhängt. Überall in den Gängen gab es Eisskulpturen, die teilweise beleuchtet wurden.

Auch an den Wänden prangte so manches Eiskunstwerk. Sogar die Zimmernummern waren ins Eis eingeprägt. Fenster gab es nicht, dafür existierten Löcher in der Decke, die für Frischluft sorgten und durch die Sonnenlicht fiel. Dies alles erinnerte mich ein bisschen an die „Magic Ice-Galerie“ in Svolvaer, wo ich bei meiner letzten Reise war, nur dass das Schneehotel viel feiner und schöner war. Nach der Besichtigung wurde unsere Gruppe angewiesen, zu einem kleinen Snack in das nebenan gelegene Restaurant zu gehen, damit nachfolgende Gruppen das Schneehotel besichtigen konnten. Diese Touristen-Schieberei gefiel mir nicht, darum gingen Lynghei, Francoise und ich gleich zu den Gehegen der Rentiere und Huskys, die nämlich ebenfalls zu diesem Ausflug gehörten.

Zuvor guckten wir uns noch ein Sami-Zelt von innen an. Die Rentiere sind beeindruckende Geschöpfe, die uns jedoch etwas argwöhnisch ansahen. Wahrscheinlich kannten sie die Touristen bereits, die nur kamen, um Fotos von ihnen zu machen. Die Huskys waren da anders. Lynghei ging im Gegensatz zu mir angstfrei auf sie zu, streichelte sie und sprach mit ihnen. Einige der Schlittenhunde lagen auf oder neben ihren Hütten, andere waren bei der Arbeit.

In der Nähe lag ein See, der zugefroren war. Dort waren mehrere Hundeschlitten im Einsatz, die von etlichen Huskys gezogen wurden. Ein anderer Ausflug, den Hurtigruten anbot, war nämlich eine Schlittentour mit Huskys, die ebenfalls hier stattfand. Jeweils acht Hunde zogen ein Gespann, auf dem immer zwei Menschen Platz hatten. Wir schauten uns das Geschehen an, und ich nahm mir vor, bei meiner nächsten Reise auch so eine Schlittentour mitzumachen.

Zurück fuhr unser Bus einen Umweg auf den höchsten Punkt von Kirkenes, wo wir kurz anhielten und einen Ausblick auf die Stadt und unser Schiff hatten. Dann ging es zurück zum Schiff, das um 12.45 Uhr ablegte.

Nun waren wir bereits wieder auf der Rückreise und fuhren wieder südgehend.

Danach blieb ich noch an Deck und machte weiter Fotos. Nun waren wir in der Barentssee. Und hier sah man tatsächlich Eisschollen im Wasser treiben. Zwar nur kleine, aber es gab einem das Gefühl, in der Arktis zu sein. Michael erzählte, Karin habe sogar Wale gesehen. Auch er und Finnmarken sahen später Schweinswale, konnten sie aber nicht fotografieren, da sie nur kurz auftauchten.

Das Mittagessen nahm ich mit Lynghei und Francoise ein. Dabei bekam Lynghei von ihrem Lieblingskellner eine ganze Platte Eiscreme serviert, weil die Schlangen hier am Büffet, und vor allem beim Nachtisch, immer so lang sind, dass das Eis immer wieder weg war, wenn man sich anstellte. Und weil wir das Eis niemals alleine aufessen konnten, schaute ich im Speisesaal umher, wer von unseren Leuten noch da war. So kamen Michael und Karin noch zu uns an den Tisch und aßen mit.

 

Auch nach dem Essen ging ich wieder an Deck und machte Fotos von der Landschaft. Die Sonne schien noch immer; es war nicht zu glauben, was wir für ein Glück mit dem Wetter hatten. Und ich begriff immer mehr, wie viel mehr man in einer solchen Jahreszeit gegenüber der Polarnacht sehen kann, und wie viel ich im November nicht gesehen hatte!

Um 16.00 Uhr steuerten wir Vardø an – den Ort, der mir im November die Angst vor Dunkelheit nahm! Vardø war dadurch zu einem Ort geworden, der mir immer wichtig sein wird. Diesmal erlebte ich ihn im Hellen und durfte erleben, wie viel mehr er zu bieten hat als ein paar Holzhäuser und einen Pub (mehr hatte ich im November nicht gesehen).

Ich besuchte die sogenannte „Festung“, die Vardø 1737 gebaut hat, um sich zu schützen und die es niemals gebraucht hat. Die Vardøhus Festung (Eintritt 30 Kronen) ist ein ummauertes Areal, in dem es ein Wachhaus, Kanonen und anderes mehr zu sehen gibt. Wirklich interessant fand ich es nicht, aber das machte nichts. Danach sah ich mich noch eine Weile in Vardø um, lief Wege außerhalb des Tourismus und entdeckte, wie sich die hiesigen Einwohner fortbewegen: mit Gehschlitten. Wo wir ein Fahrrad benutzen, fahren sie mit einem Schlitten zum Einkaufen. Andere bewegen sich auf Skiern fort.

Um 17.15 Uhr verließen wir Vardø wieder. Bis zum Abendessen setzte ich mich hin und schrieb im Forum über das heute Erlebte. Auch schaute ich im Internet nach Polarlichtwarnungen. Und tatsächlich: Es gab Nordlichter zu sehen, und zwar schon während des Abendessens. Nach dem Abendessen sind wir dann gleich rausgegangen und erlebten stundenlange Polarlichtsichtungen. Diesmal flutschte es! Meine Kameraeinstellungen waren richtig, ich stand immer in der richtigen Position und richtete die Kamera gut aus. Es war einfach schön!! Auch fror ich zu Anfang gar nicht, weil mich wieder die Leidenschaft packte! Und so bekam ich ein paar ganz gute Aufnahmen, auch wenn die Polarlichter nicht so stark waren wie im November. Dass wir zwischendurch in Båtsfjord und Berlevåg anlegten und der „MS Vesteralen“ begegneten, bekam ich gar nicht richtig mit, so beschäftigt war ich mit den Polarlichtern. Später setzte ich mich noch für eine Zeitlang zu Stefan, der - wie so oft - in der Bar saß.

9. Tag: 11. März: Hammerfest

Wie immer stand ich am nächsten Morgen wieder früh auf, diesmal um zu Walken. Doch es war viel zu windig. Micha, den ich auf Deck 6 traf, sagte noch: „Lass Dich nicht wegwehen!“ – und schon wäre es an der nächsten Ecke (am Bug) fast passiert! Nach der dritten Runde hörte ich auf, ging wieder rein, duschte und ging kurz raus, als wir in Havøysund waren. Die anschließende Begegnung mit der nordgehenden „MS Nordkapp“ sah ich mir von drinnen an.

Dann ging ich frühstücken. Anschließend setzte ich mich in die Panoramalounge, wo ich mich zu Polarstern gesellte. Wir sahen dem strömenden Regen zu, der auf die Panoramafenster prasselte, und wie der Wind kleine Eisstückchen über die Fensterscheiben trieb.

 

Um 11.30 Uhr kamen wir in Hammerfest an, wo wir bis 13.00 Uhr Aufenthalt hatten. Hier wollte ich wieder zu der Galerie der Polarlichtmalerin Eva Arnesen gehen, diesmal, um ihr ein Exemplar des Heftes zu geben, in der mein Artikel über die letzte Norwegenreise erschienen ist, und in dem ich auch über sie und ihre Galerie geschrieben hatte. Doch als ich dort ankam, war die Galerie zu. Ich sah auf die Öffnungszeiten. Und da stand es: Sonntags hatte die Galerie zu, und heute war Sonntag! Mit Bedauern sah ich mir nun stattdessen die Stadt an, die ich schon kannte. Diesmal lag Schnee, und es schneite auch leicht.

Ich ging am Pavillon vorbei, den Knut Arnesen gebaut und den Eva Arnesen bemalt hatte. Und ich spazierte wieder am Arktischen Kulturzentrum vorbei und die Straße ganz hoch, kehrte dann um und spazierte am „Museum des Wiederaufbaus" vorbei zur nördlichsten katholischen Kirche der Welt. Zum Schluss machte ich einen Schlenker am Museum des Eisbären-Clubs vorbei, ging noch kurz in einen Kiosk und dann zurück zum Schiff.

Am Kai traf ich Micha, und zusammen gingen wir einmal um den Pier, um unsere „Midnatsol" von einer anderen Perspektive aus zu fotografieren. Wieder an Bord fotografierten wir noch die Rezeption und den Hotelmanager und die Stewardess, die sich für uns extra in Pose stellten.

Das Mittagessen nahm ich mit meinem Reisepartner ein, dem es nun schon wieder etwas besser ging. Danach bin ich kurz an Deck gegangen, anschließend setzten wir uns in die Panoramalounge auf Deck 8. Bevor wir am Nachmittag Øksfjord erreichten, stand ich wieder an Deck, um die vorbeigleitende Landschaft aufzunehmen.

In Øksfjord kamen wir verspätet an und fuhren auch gleich nach dem Ein- und Ausladen weiter. Auch hier lag Schnee. Die Häuser des Ortes waren ganz besonders bunt angestrichen und hoben sich von der Landschaft ab. Nach der Abfahrt von Øksfjord gab es eine Polarlicht-Präsentation in einem der Konferenzräume. Ich sah sie mir jedoch nicht an, weil ich sie (glaube ich) von der letzten Reise schon kannte. Stattdessen ging ich ins Internet und schrieb im Forum.

Da wir morgen der „MS Polarlys" begegnen würden und wussten, dass sich einige Forumsmitglieder auf ihr befinden, überlegten wir, was wir machen können, um sie lauthals zu begrüßen. Da wir kein Forumsbanner hatten, mussten wir uns auf andere Art und Weise bemerkbar machen. Von Lyngheis Lieblingskellner Tore bekamen wir schließlich Fahnen und Tröten. Außerdem wollte Finnmarken Kari bitten, ob sie den Kapitän überreden könnte, dass er beim Hupen statt drei vier Töne abgibt. Dies alles besprachen wir am Nachmittag und beim Abendessen, während wir die offene Seestrecke Lopphavet durchquerten und dann Skervøy anliefen. Micha und Karin schlossen sich uns noch an, wobei sie die zwei Forumsmitglieder symbolisch vertraten, die sich noch immer nicht zu erkennen gegeben hatten. Laut Forum sollten nämlich noch zwei von uns auf der "Midnatsol" sein, die wir aber bisher nicht identifiert hatten.

Nach dem Abendessen begegneten wir der „MS Nordnorge", was ich jedoch nicht mitbekam. Denn ich bereitete mich aufs Polarlicht vor. Ich zog ich mich warm an und ging, bewaffnet mit Kamera und Stativ, an Deck, um nach den Lichtern am Himmel Ausschau zu halten. Es sollte heute nämlich wieder was kommen, wie das Internet mir verraten hatte. Die anderen wollten auch kommen.

Auf sie wartend, unterhielt ich mich in der Panoramalounge eine Weile mit Sven, einem der Mitreisenden, mit dem ich immer wieder mal an Bord ins Gespräch gekommen war. Da die anderen nicht erschienen, ging ich immer wieder los, um sie zu suchen. Leider wusste ich ihre Kabinennummern nicht mehr; auch hatten wir keine Handynummern ausgetauscht. Draußen schneite es zeitweise, und ich glaubte schon, ich müsste es aufgeben. Doch als ich an Deck 6 stand, sah ich auf einmal ein sich aufbauendes Nordlicht und bin schnell auf Deck 9 gelaufen, wo es inzwischen leuchtend hell am Himmel stand. Leider wurden die ersten Aufnahmen nichts, weil ich noch nicht scharf gestellt hatte. Später kamen auch die anderen. Sie waren in ihren Kabinen gewesen. Doch das Polarlicht hielt nur knapp eine Stunde an.

Als wir in Tromsø anlegten, schneite es kräftig. Ich stand an Deck und sah, wie zahlreiche Mitreisende das Schiff verließen. Sie fuhren zur Eismeerkathedrale, um dem Mitternachtskonzert beizuwohnen. Ich setzte mich nun in den Salon. Das Schiff war fast leer, und das war sehr angenehm. Die Stille war fast unheimlich, denn auch in der Bar wurde keine Musik gespielt. Ich stellte mich an eines der großen Panoramafenster und schaute gedankenversunken ins Schneegestöber hinaus. Dieser Moment war für mich ein ganz besonderer Augenblick. Er hatte was Magisches!

10. Tag: 12. März: Polarlys-Begegnung, Hurtigruten-Museum und Raftsund

Am nächsten Morgen stand die Begegnung mit der „Polarlys“ auf dem Programm. Als wir um 8 Uhr in Harstad einliefen, legte die „Polarlys“ gerade ab und wir standen an Deck und winkten, schwangen unsere Norwegen-Fahnen und bliesen in die Tröten. Der Käpt´n der „Midnatsol“ hupte sogar ein viertes Mal! Auch Fotos machten wir. Dabei konnten wir später beim Heranzoomen erkennen, dass die Forumsmitglieder auf der „Polarlys“ zurückgewunken hatten. Lange schauten wir meinem Lieblingsschiff noch nach, bis es am Horizont verschwand. Lynghei und Francoise gingen gleich danach in Harstad an Land, um am Ausflug „Vesterålen“ teilzunehmen. Mittags würden sie dann in Sortland wieder zusteigen. Um 8.30 Uhr legten wir von Harstad ab und fuhren weiter.

Nachdem ich im Forum unsere Polarlys-Begrüssung gepostet hatte, bin ich erstmal frühstücken gegangen. Danach verfolgte ich die Fahrt durch die Risøyrenna, einer künstlich ausgehobenen Fahrrinne für die Schiffe, sowie die Ankunft in Risøyhamn. Nun endlich kam ich auch mal zum Duschen. Dann ging ich in den Bordshop, kaufte Karten und Briefmarken und schrieb erstmal Karten, die ich gleich unten auf Deck 4 in den Postkasten warf, dessen Inhalt noch in der Nacht in Bodø zur Post gebracht werden würde. Wieder an Deck erlebte ich die Ankunft in Sortland. Kurz zuvor fuhren wir unter einer Brücke durch, und genau in diesem Moment fuhren dort die Busse hinüber, die unsere Ausflügler vom Vesterålen-Trip zurückbrachten. Ein lautes Hupen seitens des Schiffes und der Busse folgte. Dann legten wir im Hafen von Sortland an, wo Lynghei und Francoise und etliche andere vom Ausflug zurückkehrten. Ich ging kurz an Land und machte Fotos.

Danach bin ich zum Mittagessen gegangen. Um 14.30 Uhr kamen

wir dann in Stokmarknes an, wo die meisten von uns an Land gingen und das „Museum der Postschiffe" besichtigten. An diesem Ort hatte Richard With 1893 die Idee, mit „Hurtigruten" anzufangen. Das Highlight des Hurtigruten-Museums, in dem viele Relikte aus über 100 Jahren Postschiffverkehr ausgestellt sind, ist die alte „Finnmarken", die 1956 erbaut wurde, und die als Teil des Museums in das Gebäude eingearbeitet ist. Dabei kann man das alte Schiff besuchen, sich die Brücke ansehen, einige Kabinen und die Decks. Letztere waren zum Teil mit Plane abgedeckt und teils offen, so dass das Schneegestöber von draußen Schneewehen auf dem Schiff verursachte.

Die Kabinen waren karg eingerichtet, und sie erschienen für heutige Verhältnisse ärmlich, gab es doch nur Holzkojen, Tische und Waschbecken in ihnen. Auch die Essens- und Aufenthaltsräume beinhalteten einfache Holztische und -bänke. Kein Vergleich zum Komfort, den man heute auf den Hurtigrutenschiffen vorfindet und den ich persönlich auch nicht missen möchte. Fast hätte ich mich auf dem alten Schiff verlaufen, als ich immer tiefer in die unteren Decks vordrang. Als ich nahe dran war, Panik zu bekommen, traf ich Michael, der mich Gottseidank wieder auf die oberen Decks und zum Ausgang führte. Ach ja: Ich machte noch einen Eintrag ins Gästebuch des Museums – im Namen des Hurtigforums!

Nach einer Stunde Aufenthalt verließen wir Stokmarknes um 15.30 Uhr mit einer Viertelstunde Verspätung wieder. Eine Dreiviertelstunde später durchfuhren wir den Raftsund, eine wenige hundert Meter breite Fahrrinne, gebildet von der Lofotenwand. Diesen sah ich nun erstmals bei Helligkeit, und die Schönheit dieser Landschaft verschlug mir regelrecht den Atem, was nicht nur an der Umgebung, sondern auch am einfallenden Licht lag, das die Berge und Fjorde in einen Zauber hüllte und Felsstrukturen ganz besonders schön hervorhob. Ich machte hier wunderbare Aufnahmen!

Zu diesem Ereignis gab es auch wieder den berühmten Trollfjorddrink, der im Trollfjordbecher für 75 Kronen ausgeschenkt wurde und den man behalten durfte.

Als ich an der Bar stand, sprach mich eine junge Frau an: „Darf ich Ihnen was sagen?" fragte sie schüchtern. Sie sagte, sie lese immer im Forum mit, und ich sei doch diejenige, die immer so schön schreibe: Sejana. Ich lächelte und dankte Ihr fürs Lesen. Sie fügte noch hinzu, dass Sie mich bereits im Zug nach Bergen gesehen hätte, und da habe sie mitbekommen, was ich zu meinem Reisepartner gesagt hätte. Es war eines der Gespräche, in denen ich ihm zu vermitteln versuchte, dass wir uns unsere Realität selbst erschaffen, und dass es deshalb nicht nötig tut, pessimistisch zu sein und zu glauben, dass etwas schief geht. Die Frau hatte dies mitgehört und dankte mir nun dafür. Und ich dankte der Frau für Ihre Aussage! Diese Begegnung gab mir sehr viel, denn die Frau machte mir bewusst, wie positiv ich mich auf dieser Reise fühlte und verhielt. Der Leuchtturm, der ich eigentlich immer bin, verliert nur leider im stressigen Alltag zuhause seine Leuchtkraft. Hier dagegen kam dieses Licht von selbst heraus und vertraute, dachte positiv, freute sich an allem, was geschah und versuchte stets, in allem einen Gewinn zu sehen. Ich spürte: Das bin ich, mein natürliches Wesen.

 

Nachdem ich weitere Landschaftsaufnahmen gemacht hatte – auch nachdem wir aus dem Raftsund heraus waren –, zog ich mich erstmal mit einem Tee in den Salon auf Deck 8 zurück, wo ich erstmals zum Lesen kam. Ich hatte mir ein Büchlein über Hurtigruten-Anekdoten, mitgenommen, geschrieben von einer Reiseleiterin, die zufällig auch mal eine Leserin meines Magazins war, wie ich feststellte, nachdem ich das Buch vor meiner Reise bei ihr bestellt hatte (den Tipp dazu hatte ich im Hurtigforum gefunden).

Um 18.15 Uhr kamen wir in Svolvær an, was ich aber nicht mitbekam, weil es kurz darauf Abendessen gab. Als wir mit dem Essen fertig waren, verließen wir Svolvær gerade wieder. Kurz darauf hatten wir eine Begegnung mit der „MS Finnmarken“ und fuhren etwas später Stamsund an. Weil wir so selten alle gemeinsam abends zusammensaßen, hatte ich für heute Abend vorgeschlagen, uns in die Bar zu setzen. Es kamen immerhin Lynghei und Francoise. Und sogar mein Reisepartner erschien. Zwischendurch guckte ich im Internet, wie es mit Polarlichtern aussah. Die Prognose war gut, und auch Kari empfahl uns, rauszugehen, also taten wir das später. Gegen 23 Uhr bekamen wir dann auch tatsächlich etwas zu sehen. Jedoch waren es äußerst geringe Nordlichter, die nicht so recht durchkommen wollten. Es fing immer wieder an zu schneien, und es hagelte auch mal, wobei ich sogar einen Hagelkorn ins Auge bekam. Nach nur einer Stunde gaben wir es auf.

11. Tag: 13. März: Polarkreis, Torghatten und "MS Nordstjernen"

An diesem Morgen überquerten wir um 9.20 Uhr erneut den Polarkreis. Die vorherige Ankunft on Ørnes und die Begegnung mit der „MS Richard With“ hatte ich verschlafen. Nach dem Frühstück und Duschen setzte ich mich in die Bibliothek und schrieb einen Beitrag fürs Forum.

Um 11 Uhr kamen wir in Nesna an. Auch hier schneite es tüchtig. Ich stand an der Reling von Deck 6 und schaute mir das geschäftige Treiben am Kai an, wo die Gabelstapler Kisten entluden. So wie bei der letzten Reise bot Nesna auch diesmal Beobachtungspotentiale, beispielsweise einen Norweger mit langen Haaren, der wie ein Wikinger ausschaute und der mir bereits an Bord aufgefallen war. Oder Micha, der wieder mal mit der Kamera in der Hand auf Streifzug durch das hafennahe Gebiet war. Nachdem wir wieder gestartet waren, fuhren wir an der Helgelandbrücke vorbei.

Danach machte ich Fotos vom Schiff. Um 12.30 Uhr kamen wir in Sandnessjøen (wird Sannessschönn ausgesprochen) an. Dort ging ich an Land und kaufte ein paar Sachen ein. Zum Bespiel eine SD-Speicherkarte für meine Kamera, die ich bei „Expert" erstand. Und diese war ganz schön teuer: 249,- Kronen, was umgerechnet etwa 30,- Euro sind – für nur 4 GB (bei uns kriegt man dafür 16 GB!). Jetzt begriff ich auch: Norwegen ist teuer! Ansonsten gefiel mir der Ort sehr gut. Die Innenstadt, an der wir direkt angelegt hatten, war sehr hübsch. Natürlich gefielen mir wieder ganz besonders die herrlich vereisten Straßen. Mit einer halben Stunde Verspätung verließen wir Sandnessjøen um 14 Uhr.

In der Zwischenzeit war ich Mittagessen gegangen. Bald danach kamen wir an den „Sieben Schwestern“ vorbei, einer Bergkette mit sieben majestätischen Berggipfeln, die etwa zwischen 900 und 1100 Metern hoch sind. Danach bin ich ins Internet gegangen und schrieb einen Beitrag fürs Forum.

Um 16.15 Uhr legten wir am Hafen von Brønnøysund an, wo ich einen Spaziergang am Hafen machte. Hier war ich bei meiner letzten Reise nicht gewesen. Da wir aber nur eine knappe Dreiviertelstunde Aufenthalt hatten, konnte man sich nicht weit vom Hafen entfernen. Nachdem wir Brønnøysund wieder verlassen hatten, setzte ich mich ersteinmal mit einem heißen Tee in den Salon.

Doch nicht lange, denn sehr bald kamen wir am berühmten Torghatten vorbei, einem Berg mit einem Loch. Als ich von Michael erfuhr, dass das Loch 35 Meter hoch und 169 Meter lang ist, war ich überrascht, denn aus der Ferne sah es aus, als könnte nicht mal ein Mensch darin stehen. Beeindruckend! Unser Schiff machte extra einen Schlenker, damit wir das Loch in seinem ganzen Ausmaß sehen konnten. Das Loch ist durch die Meeresbrandung entstanden, und zwar schon zur Eiszeit, als die Landmasse noch tiefer lag.

Danach fuhren wir durch einen Schneesturm. Aber es war sowieso Zeit fürs Abendessen. Diesmal gab es den leckeren Lachs-Wrap als Vorspeise, den ich schon von der „Polarlys“ kannte. Endlich mal etwas, das mir schmeckte!

Um 20.30 Uhr kamen wir in Rørvik an, wo wir auf die Ankunft der legendären „MS Nordstjernen“ warteten, die wenige Tage zuvor zu ihrer letzten Fahrt innerhalb Norwegens aufgebrochen war. Auf dem Schiff waren zwei Frauen aus unserem Forum, und wir hatten vor, sie gebührend zu begrüßen. Die beiden standen an Deck der „Nordstjernen“ und wir begrüssten uns freudig. Sie hatten das Forumsbanner an die Reling gehängt, und noch ein weiteres Banner mit der Aufschrift „Forever Young“, hing an der anderen Seite, wie wir später sahen. Es war aufregend, das alte Schiff zu sehen, auch wenn wir nicht rauf durften. Eine der beiden Frauen kam noch mit auf die „Midnatsol“, um sich das krasse Gegenteil des alten Schiffes anzusehen, auf dem sie mitfuhr. Die Freude war wirklich groß, auf andere Forumsmitglieder zu treffen. Es war ein echtes Erlebnis! Später erschienen in zwei norwegischen Zeitungen sogar noch Berichte der beiden, weil sie mit ihrem „Forever Young“-Banner die letzte Fahrt des schon jetzt legendären Schiffes ehrten.

Nach meinem Forumseintrag saß ich noch eine Weile mit Erika und Francoise in der Lounge nahe der Bar, bis es dann zu schaukelig wurde, da wir wieder die Folda durchquerten.

12. Tag: 14. März: Letzter Tag

Als ich am nächsten Morgen aufwachte und aus dem Fenster schaute, lagen wir in Trondheim. Hier lag auch die „MS Trollfjord“, das Schwesterschiff unserer „Midnatsol“, die wir nach dem Frühstück besichtigten. Das Frühstück war gleichzeitig ein Abschiedsfrühstück für Francoise, weil diese heute Morgen das Schiff verlassen würde. Die „Trollfjord“ gefiel mir besser als unser Schiff, denn obwohl es baugleich war, hatte man es in anderen Farben – nämlich vor allem blau statt orange-gelb wie die „Midnatsol“ – eingerichtet. Dadurch strahlte es vielleicht nicht soviel Wärme aus wie die „Midnatsol“, aber es hatte eine klassisch-schöne Ausstrahlung, die mir sehr gut gefiel. Um 10 Uhr verließen wir Trondheim wieder. Lange standen wir alle an der Reling und winkten Francoise nach, die in Trondheim in ein Flugzeug steigen und in ihre Heimat Frankreich zurückreisen würde. Die Zeit bis zum Mittagessen verbrachte ich im Internet und im Salon auf Deck 8.

Den Nachmittag blieb ich in meiner Kabine. Später trat eine Gruppe junger norwegischer Musiker in der Panoramalounge auf, was ich mir natürlich auch ansah. Danach fuhren wir (mit einer Viertelstunde Verspätung) den Hafen von Kristiansund an, einen Ort, den ich nun auch erstmals bei Tageslicht sah. Dort im Hafen der 22.500-Einwohner-Stadt verweilte ein großes Schiff, das wir als Ölbohrschiff identifizierten. Auch viele andere Schiffe gab es hier zu sehen. Ich ging kurz von Bord, um in einem Laden etwas zu kaufen. Als ich zurückkam, traf ich einen der Mitreisenden, mit dem ich erst in den letzten Tagen in Kontakt gekommen war. Er wusste von meiner Begeisterung für die Hurtigrutenreisen und Norwegen. Nun fragte er mich, ob ich schon wieder eine weitere Reise plane. Dabei erzählte er mir, dass er die Reise mal im August gemacht hätte, und dass er Norwegen im Sommer sehr empfehlen könne. Die Temperaturen seien an Bord auch nicht so hoch, versicherte er mir. Denn: Ich mag ja den Winter lieber, und wenn Sommer – dann bitte mit nicht so heißen Temperaturen!

Nach einer halben Stunde Liegezeit fuhren wir weiter. Nach der Abfahrt verweilte ich noch ein wenig mit den anderen an Deck 6, bis wir die offene Seestrecke Hustadvika durchquerten. Dann gab es Abendessen – unser letztes abendliches Mahl an Bord. Mein Reisepartner war noch immer nicht ganz wieder gesund. Nun fing auch Lynghei an zu kränkeln. Später wurde sie noch richtig krank, kam nur mit Mühe nach Hause und durchlebte zwei Wochen lang eine Virusgrippe mit bis zu 40 Grad Fieber! Auch Polarstern wurde zuhause noch krank, und auch mich erwischte es (wenn auch in abgeschwächter Form). – Während des Essens fuhr die „Kong Harald“ an uns vorbei, was ich leider nur vom Fenster des Speisesaals aus verfolgte. Ich wusste: Auf ihr befand sich Daniel Fischer, unser Astronomie- und Polarlicht-Fachexperte von der letzten Reise! Später berichtete er mir per Email, dass seine Gruppe viele schöne Polarlichter gesehen hätte, besonders am 20. März, obwohl die geomagnetische Aktivität zu der Zeit gar nicht mehr sehr hoch war. Was das betrifft, hatten wir ja wirklich Glück: Wir waren genau in einer Zeit hier oben, wo fast jeden Tag ein geomagnetischer Sturm war. Fast täglich gab es einen Solarflare auf der Sonne, und der KP-Index war zeitweise auf 7! Später stellte ich fest, dass diese hohe Aktivität von dem Sonnenfleck 1429 ausging, der genau zu meiner Reisezeit – vom 4. bis zum 15. März – auf der erdgerichteten Sonnenseite war und ständig für koronale Massenauswürfe (CMEs) sorgte. Am 15. März, als unsere Reise endete, rotierte er auf die erdferne Seite der Sonne, so als ob er unsere Reise regelrecht begleitet hatte. Er war der Grund, warum es zu so vielen Polarlichtern gekommen war – und zwar genau in der Zeit, als wir uns über dem Polarkreis aufgehalten hatten! Leider hatte es aber auch viele Wolken gegeben, was die Nordlichter verdeckte, so dass das Himmelsschauspiel oft nicht für uns sichtbar war.

Gegen 21 Uhr kamen wir in Molde an, wo wir eine halbe Stunde Aufenthalt hatten, die ich nutzte, um kurz die Stadt zu erkunden.

Den letzten Abend verbrachte ich leider allein. Ich hatte den anderen Bescheid gesagt, dass ich in der Lounge neben der Bar sitze und sie gebeten, zu kommen, damit wir am letzten Abend zusammensitzen könnten. Doch es kam niemand. Nur Finnmarken tauchte kurz auf, ging aber gleich wieder. Polarstern ging glaube ich früh schlafen, Lynghei war krank, mein Reisepartner auch noch, und Karin und Michael saßen mit ihren Leuten in der Panoramalounge denke ich. Und so saß ich später alleine in der Bibliothek, schrieb noch einmal einen Forumsbeitrag, holte mir einen Fruchtcocktail und ging schließlich auf meine Kabine, um zu packen und dann schlafen zu gehen.

13. Tag: 15. März: Abreise

Bergen

Früh stand ich auf, packte meinen Koffer weiter, duschte und ging zum Frühstück, wo ich die anderen traf. Danach packte ich zuende, verließ meine Kabine und stellte meinen Koffer an den für den Abtransport vorgesehenen Ort. Meine Taschen und meine Jacke verstaute ich im Gepäckraum. Anschließend konnte man nur noch warten. Mal saß ich mit meinem Reisepartner herum, mal ging ich durchs Schiff. Auch machte ich einen letzten Forumseintrag. Draußen gab es nichts zu sehen, da es – wie meistens in dieser Gegend – ziemlich neblig war. Ein letztes Mittagessen gab es noch, dann kamen wir pünktlich um 14.30 Uhr in Bergen an, wo wir deckweise ausgeschifft wurden. Dann saß ich auch schon im Bus zum Flughafen, von wo aus es dann über Amsterdem wieder zurück nach Bremen ging.

Diese Reise war ganz anders als die letzte. Dass ich während der Polarnacht im November nicht sehr viel von der Landschaft gesehen hatte, war mir erst jetzt klar geworden, und ich freute mich sehr, dass ich von der Schönheit Norwegens so viel sehen durfte und – Dank des guten Wetters – so viele schöne Aufnahmen machen konnte. Auch Polarlichter hatte ich gesehen, und es war ja fast ein Segen, dass ich ausgerechnet in der starken Polarlichtzeit vor Ort war, begleitet von dem Sonnenfleck 1429! Vieles war diesmal anders gewesen. Ich war ohne feste Reisegruppe gefahren und hatte stattdessen die Forumsmitglieder an Bord getroffen. Auf beiden Reisen war ich jemandem aus einem früheren Leben begegnet (auch diesmal!), was mich darin bestätigt, dass ich einen starken Bezug zu dieser Gegend – Norwegen und den hohen Norden – haben muss. Hier muss ich Wurzeln haben, das spüre ich. Auch habe ich neben der Leidenschaft für das Land und für die Polarlichter eine Begeisterung für die Schifffahrt entwickelt oder sie in mir entdeckt. Es ist schön, an Bord eines Schiffes und mit ihm unterwegs zu sein, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen und die raue See zu spüren. Ich bin ein richtiger Fan von Schiffsreisen geworden!

Außerdem entdeckte ich, dass jede meiner Reisen offensichtlich ein Thema hat. Die erste Reise hatte mir die Angst vor Dunkelheit genommen und ich hatte diese Reise in meinem Reisebericht „Das Licht in der Dunkelheit“ genannt. Die zweite Reise hat den „Leuchtturm“ in mir hervorgeholt, denn trotz der vielen Maleurs und Pannen, die passierten, blieb ich optimistisch und strahlte dies aus. Ich konnte sogar den Gewinn in allem, was passierte, sehen. Es war, als ob mich nichts aus dem Licht, das ich ausstrahle, herausholen kann. Die nächste Reise ist auch schon wieder gebucht. Nach nur zwei Wochen buchte ich nun eine Reise, die im Oktober stattfindet. Diesmal wieder eine Polarlichtreise. Ich bin gespannt, welches Thema dann auf mich wartet!

© Susanne Sejana Kreth