Meine Norwegenreise im November 2011:

Das Licht in der Dunkelheit



Zwölf Tage lang war ich in einer anderen Welt. Ich begab mich auf ein Schiff und reiste in eine Region der Erde, die sich so weit nördlich befindet, dass die Sonne im Winter kaum noch über den Horizont hinausreicht. Die Dunkelheit, die dadurch während der Wintermonate in Norwegen vorherrscht, ist aber keinesfalls eine dunkle Nacht. Denn die Norweger, die im Sommer – zur Mittsommerzeit – immer 24 Stunden Helligkeit und keine dunkle Nacht haben, sind die Extreme gewohnt, die in der Polarregion herrschen. Vor allem in Nordnorwegen wird es im November und Dezember kaum oder gar nicht mehr hell. Kompensieren tun die Norweger dies mit viel Licht, das sie entzünden. Sie hängen reichlich beleuchteten Weihnachtsschmuck auf, stellen oder hängen Lichter in ihre Fenster (ein alter Fischerbrauch), und an jedem Laden- oder Lokaleingang findet sich ein Licht, das in Form einer großen Kerze in einem Topf vor dem Eingang aufgestellt wird. Auch der Schnee lässt die Region heller erscheinen. Dazu kommen die Polarlichter, die in der Zeit zwischen November und März den Nachthimmel erhellen. Es war also keine Reise in die Dunkelheit, die ich antrat, als ich im Winter nach Norwegen fuhr. Im Gegenteil: sie erhellte mein Herz und nahm mir meine Angst vor der Dunkelheit.

Weihnachtsbeleuchtung in Tromsö

Gebucht hatte ich eine spezielle Polarlicht-Reise auf einem der Postschiffe der Hurtigruten-Linie, organisiert von „Eclipse-Reisen“ (Düsseldorf), die regelmäßig Reisen zu astronomischen Events veranstalten. Die „MS Polarlys“, mit der ich mitfuhr, trug den Namen des Zwecks dieser Reise: Polarlichter erleben! Doch daneben hatte ich auch zahlreiche Landausflüge gebucht, um das Land kennenzulernen, das meine allererste Wahl wäre, wenn ich mich entschließen würde, aus Deutschland auszuwandern. Und tatsächlich erfuhr ich im Laufe der Reise, wie gut es sich in Norwegen leben lässt. Das Sozialsystem, das Gesundheitssystem, das Bildungssystem, das Energiesystem – alles ist auf Nachhaltigkeit ausgerichtet. Energie wird aus unzähligen Wasserkraftwerken und einigen Windkraftwerken gewonnen, während das geförderte Erdöl und Erdgas ins Ausland verkauft wird. Dadurch konnte das Land einen beträchtlichen Fonds anlegen, der für die Zeit gedacht ist, wenn Öl und Gas zur Neige gehen. Denn Norwegen weiß, was Armut bedeutet, da es bis ins letzte Jahrhundert hinein arm war. Erst als das Öl kam, entstand auch der Wohlstand, mit dem achtsam umgegangen wird.

Gaskraftwerk in Hammerfest

Norwegen produziert dabei soviel Energie, dass es sogar seine Straßen beheizt, die stets schneefrei bleiben, während die Landschaft in ein zartes Weiß gehüllt ist. In das Bildungssystem wird sehr viel investiert; den jungen Menschen werden gute Ausbildungen und Abschlüsse ermöglicht. Und auch das Rentensystem ist ausgewogen, denn jedem, der eine gewisse Anzahl Jahren gearbeitet hat, wird eine garantierte Rente gezahlt, deren Beitrag so hoch ist wie dessen Spitzenverdienst in den Arbeitsjahren.

1. Tag: 18. November: Bergen

 

Ich reiste mit dem Zug nach Düsseldorf, stieß dort auf die Reisegruppe von „Eclipse-Reisen“ und flog mit ihr und weiteren Hurtigruten-Passagieren nach Bergen im Süden Norwegens. Mit dem Bus ging es vom dortigen Flughafen zum Hurtigrutenanleger, wo wir schließlich am späten Nachmittag eingeschifft wurden. Jeder Passagier erhält eine Cruise-Card, auf der das Schiff, der persönliche Name und die Kabinennummer stehen. Bei jedem Landgang zeigt man diese Karte vor, ebenso wenn man wieder an Bord kommt. Auch kann man mit dieser Karte bezahlen, wenn man Geld (norwegische Kronen) hinterlegt oder seine Kreditkartendaten angibt. Die MS Polarlys ist ein mittelgroßes Schiff und wurde 1996 gebaut. Es hat Platz für 737 Passagiere und besitzt sieben Decks. Auf dem untersten Deck werden Autos geparkt, auf dem 2., 3., 5. und 6. Deck liegen die Kabinen, auf dem 3. die Rezeption, dem 4. das Restaurant, eine Cafeteria, eine Bar und die Rezeption der Reiseleitung, und auf Deck 7 befinden sich das Panoramadeck und eine weitere Bar. Auf Deck 5, 6 und 7 kann man nach draußen gehen und die Natur von der Reling aus betrachten. Meine Kabine trug die Nummer 312 und lag auf Deck 3, einer Höhe, die über dem Wasserspiegel lag und aus dem man über zwei Bullaugen nach draußen sehen konnte. Allerdings gefiel mir meine Kabine nicht besonders, denn der Teppich müffelte und die Kabine sowie die Schlafkoje waren sehr eng und klein. Ich gewöhnte ich mich aber ungewöhnlich schnell daran und die kleine Kabine mit dem winzigen Duschbad wurde für zwölf Tage zu meinem Zuhause.

 

Am ersten Abend gab es ein Abendbüffet, auf dem das erste Kennenlernen der Reisegruppe stattfand. Das Schiff lag noch den ganzen Abend am Hafen von Bergen. Normalerweise wäre es um 22.30 Uhr ausgelaufen, doch es fand eine Weihnachtsfeier für Einheimische an Bord statt, die erst spät endete, so dass das Schiff erst gegen 1 Uhr nachts in See stach. Trotzdem ich müde von der Reise war, blieb ich bis dahin wach, denn ich wollte unbedingt dabei sein, wenn das Schiff ablegte. Zusammen mit Monika, einer Frau aus Berlin, stand ich am Bug und beobachtete und filmte, wie das Schiff sich vom Kai entfernte und zu unserem großen Abenteuer aufbrach.

2. Tag: 19. November: Alesund

Früh am nächsten Morgen legte die „Polarlys“ im Hafen von Florø an. Nur eine Viertelstunde Aufenthalt hatte sie, dann fuhr sie weiter, um zwei Stunden später in Måløy anzukommen. Beide Häfen verpasste ich, weil ich noch schlief. Das erste Frühstücksbuffet fand für mich um kurz nach 9 Uhr statt. Zum Frühstück und Mittagessen gab es jeweils Buffets mit freier Sitzwahl. Es gab reichlich Fisch und wenig Obst und Gemüse. Für mich als Vegetarier war das etwas knifflig. Doch wenn es mir an Obst fehlte, klaute ich mir das Obst (Erdbeeren, Weintrauben) von der Dekoration des Buffets! Im Laufe der Zeit gewöhnte ich mich auch daran, Fisch zu essen, und es bekam mir ausgesprochen gut. Das Mittag- und Abendessen bestand ebenfalls meistens aus Fleisch oder Fisch. Es wurde sogar Rentierfleisch aufgetischt! Abends gab es stets ein Dinner mit festen Sitzplätzen. Innerhalb unserer Gruppe konnte man aber zwischen den Tischen, die uns zugeteilt waren, wählen, so dass ich immer mal mit anderen Leuten aus unserer Gruppe zusammensaß. Das war sehr spannend, weil ich auf diese Weise fast alle aus der Gruppe kennenlernte. Dies geschah nach und nach, aber man kam schnell mit allen möglichen Leuten auf dem Schiff in Kontakt, auch denen außerhalb unserer Gruppe. Schon bald hatte ich neben Monika weitere „Freunde“ an Bord. Klaus zum Beispiel, ein Beamter, der sich eine Auszeit gönnte und danach in Rente gehen wollte. Oder Erika, eine unglaublich vitale 71-jährige aus unserer Gruppe. Mit ihr und Monika habe ich in den ersten Tagen viel unternommen.

 

Nach dem Frühstück gab es eine Info-Veranstaltung von Hurtigruten, bei der wir mit dem Schiff und seinen Gepflogenheiten vertraut gemacht wurden. Danach bin ich erstmal an Deck gegangen. Auf Deck 5 konnte man nach draußen gehen und entlang der Reling einmal das ganze Schiff umrunden. Eine Britin nutzte diese Runde, um per Walking Sport zu treiben, was ich ihr später nachahmte. Es gab zwar einen Fitnessraum auf Deck 2, aber das Laufen an frischer Luft und mit dem Blick aufs Meer war sehr viel schöner. Ich genoss die norwegische Fjordlandschaft, die an diesem Vormittag in einen Nebelschleier eingehüllt war. Das Schiff glitt an Bergen, Hügeln, kleinen Inseln und einzelnen verstreuten Holzhäusern, die wie Spielzeughäuser aussahen, vorbei.

Wir befanden uns noch im Süden Norwegens, und überall konnte man Bäume und Vegetation sehen. Schnee lag keiner. Vereinzelt flossen lange Rinnsale von Bächen die Berghänge herunter. Gegen 12 Uhr fuhr unser Schiff dann den kleinen Ort Torvik an. Ich stand an Deck und erlebte meinen ersten Hafen, den das Schiff ansteuerte. Sofort gewann ich den Ort lieb, der da vor mir lag. Ein kleines Nest, bestehend aus vereinzelten kleinen und größeren Häusern, die sich in einem Tal zwischen einem Berghang und einem Wald befanden. Der kleine Ort schien nur aus ein paar gelb und rot angestrichenen Häusern, einem Getreidesilo und einigen Bretterbuden am Hafen zu bestehen, und ich fragte mich, ob es dort überhaupt einen Laden gab. Nur am Hafen fand sich eine riesengroße Halle, der Umschlagplatz für Waren, die von den Postschiffen gebracht werden.

Nach dem Mittagessen gab es den ersten Landausflug: in Ålesund. Ein deutscher Stadtführer, der – wie er mir später erzählte – wegen der Liebe nach Norwegen ausgewandert ist, erwartete uns am Kai und führte uns durch die Stadt des Jugendstils, die bekannt für ihre bunten Holzhäuser und die vielen Jugendstilelemente ist. Auf dem Rundgang durch die Stadt, bei dem es unaufhörlich regnete, erfuhren wir, dass es – entgegen den schönen Bildern in den Reiseprospekten – die meiste Zeit des Jahres dort regnet. 43.000 Menschen leben in dieser Stadt, die im Januar 1904 eine schlimme Feuersbrunst erlebte, welche uns mithilfe einer „Zeitmaschine“ im Jugendstil-Zentrum (in einer ehemaligen Apotheke) nahegebracht wurde. Man ging in einen „Fahrstuhl“ und wurde mit einem Multimedia-Programm in der Zeit zurückgeschickt, bis man im Jahr 1904 ankam. Ein Multimedia-Raum sorgte dann für die richtige Atmosphäre, um den großen Brand von einst und seine Folgen mitzuerleben. In demselben Gebäude fand man auch viele wertvolle Jugendstil-Möbel, Gemälde und Schmuck aus dieser Zeit. Der weitere Rundgang zeigte uns unter anderem noch das schmalste Haus der Welt.

Nach dem Landausflug gab es an Bord einen Vortrag unserer beiden Fachexperten Andreas Walker und Daniel Fischer zum Thema Polarlichter. Anschließend setzte ich mich mit einem heißen Tee – ich hatte mir inzwischen ein Tee-Abo gekauft, mit dem man sich unbegrenzt Tee und Kaffee nachschenken konnte – an eines der Bordfenster auf dem Panoramadeck, ging zwischendurch in den Internet-Raum, wo man an drei Computern online gehen konnte, und an Deck, um Fotos zu machen. Denn gegen 18 Uhr kamen wir am nächsten Hafen an: Molde. Da die Aufenthaltszeit jedoch nur eine halbe Stunde dauerte, blieb man an Bord und schaute – wie meistens – von der Reling aus zu, wie Passagiere kamen und gingen und Waren aus- und eingeladen wurden.

Nach dem Abendessen setzte ich mich in einen der bequemen Sessel auf dem Panoramadeck, von wo aus man – im Warmen sitzend – nach draußen auf die Landschaft blicken konnte. Monika setzte sich zu mir und wir unterhielten uns, während wir eine offene Seestrecke, die Hustadvika, durchquerten. Später ging ich nochmal an Deck, um den frischen Seewind zu spüren und Fotos zu machen. Denn gegen 22.30 Uhr kamen wir in Kristiansund an. Auch hier dauerte der Aufenthalt nur eine halbe Stunde. Dass das Hurtigrutenschiff „MS Richard With“ um ca. 19.30 Uhr an uns vorbeigefahren war, hatte ich verpasst.

3. Tag: 20. November: Trondheim und MS Trollfjord

Der dritte Tag der Reise brach mit der Ankunft im Hafen von Trondheim an. Hier hielten wir richtig lange an: 6 Stunden. Früh ging ich zum Frühstück, denn der gebuchte Landausflug in die Königsstadt ging bereits um 8.30 Uhr los. Es war noch dunkel, als wir von Bord gingen, und es regnete auch mal wieder. Im Laufe des Vormittags wurde es aber noch heller. Zu regnen hörte es allerdings nicht auf, was ziemlich anstrengend war, weil die Stadtführerin ihr Programm voll durchzog und uns oft lange im Regen stehenließ. Auf dieser Spaziertour durch Trondheim sahen wir zwei Statuen des Nationalhelden (König Olav?), dessen Namen ich leider vergessen habe. Eine davon thronte weit über dem Marktplatz der Stadt und trug einen auffälligen roten Schal, der ihm von irgendeinem Unbekannten umgehängt worden war.

Wir sahen die berühmten Speicherhäuser, die auf Pfählen auf dem Fluss Nidelva stehen, damals ein Arbeiterviertel, heute teures und begehrtes Wohngebiet. Wir liefen durch schmale Gassen und bewunderten die typischen bunt angestrichenen Holzhäuser. Und schließlich sahen wir uns auch noch den berühmten Nidaros-Dom an, benannt nach dem früheren Namen Trondheims. Eine Besichtigung des Doms von innen stand jedoch nicht auf dem Programm, dazu hätte man einen anderen Ausflug buchen müssen. Wie ich hörte, war der Dom sehr imposant, aber auch düster. Man durfte darin nicht fotografieren. Mir reichte es, den Dom von außen zu sehen, an dessen Fassade unzählige Steinfiguren gemeißelt waren, die Erzengel, frühere Stadthalter, Kirchenleute und den Papst darstellten. Danach ging es weiter durch die Stadt. Ich erfuhr, dass die Norweger ihre Straßen beheizen, und in Trondheim gab es sogar eine Art Seilbahn für Fahrradfahrer, damit diese einen steilen Hügel hinauffahren können. Leider wurde diese Einrichtung wegen einer dummen EU-Regel vorübergehend geschlossen.

 

Gegen 11 Uhr waren wir wieder an Bord, und bald darauf verließen wir den Hafen von Trondheim. Kurz darauf fuhren wir an der Mönchs-Insel (Munkholmen) vorbei. Wieder an Bord, gab es Mittagessen. Danach saß ich mit Klaus zu einem Tee zusammen und ging wieder an Deck, um mir die vorbeigleitende Landschaft anzusehen. Dort traf man auch immer jemanden, der entweder nur hinaus in die Weite sah oder ebenfalls Fotos machte. Auch entdeckte ich hier, dass es ganz oben noch ein Panoramadeck gab.

Wir glitten nun durch den Trondheimsfjord, fuhren am Leuchtturm von Agdenes vorbei und ließen die gemäßigte Zone des südlichen Norwegens hinter uns. Immer karger wurde die Landschaft, die hier zwischen Mischwald und Taiga angesiedelt wird. Leuchttürme gab es übrigens jede Menge zu sehen, was ich sehr schön fand.

Leuchtturm von Kjeungskjær

Den Nachmittag saß ich mit Klaus in den Sesseln am Fenster auf Deck 4. Auch lernte ich Volker kennen, der mir später zu einem guten Freund wurde und mit dem ich auch nach der Reise noch in Kontakt blieb. Wir saßen bis zum Abend zusammen, gingen dann noch an Deck, bis es Abendessen gab, zu dem man immer pünktlich sein musste, da Dinner serviert wurde. Am Abend fuhr die „Polarlys“ in den Hafen von Rørvik ein. Wir hatten eine halbe Stunde Zeit. Neben uns lag das Hurtigrutenschiff „MS Trollfjord“, auf die wir gehen und sie besichtigen konnten. Man brauchte nur die Cruise-Card vorzuzeigen und bekam eine Gästekarte.

Dieses Schiff übertraf, was Luxus und Modernität betrifft, unser Schiff bei Weitem. Es hatte 9 Decks, einen gläsernen Lift, schicke Aufenthaltsräume und einen Whirlpool auf dem oberen Deck. Von diesem Panoramadeck aus konnte man auf eine Kunstgalerie in der Stadt schauen, deren Fassade aus drei Lichtflügeln bestand. Von Deck aus betrachtete ich unser Schiff, auf das man heruntersehen konnte, so klein erschien es im Vergleich zur „Trollfjord“. Als ich dann später wieder auf unserem Schiff war und auf die MS Trollfjord blickte, erschien mir das Schiff nicht so groß wie es eigentlich war. Ich fand es sehr schön, die Gelegenheit zu bekommen, andere Hurtigrutenschiffe besichtigen zu können. Die Abfahrt von Rørvik geschah pünktlich, und es war wieder ein erhebender Moment, aus einem Hafen auszulaufen und die Lichter einer Stadt – und hier ein Nachbarschiff – hinter sich zu lassen. Ich genoss diese Momente sehr und fand riesengroßen Gefallen am Ankommen und Abfahren von Hafen zu Hafen! Den Rest des Abends verbrachte ich mit Erika im Café und auf dem Panoramadeck. In der Nacht lief unser Schiff in Brønnøysund und Sandnessjøen ein, um jeweils kurz zu bleiben.

4. Tag: 21. November: Polarkreis, Bodö und Lofoten-Wikingerfest

Am nächsten Morgen fuhren wir früh in den Hafen von Nesna ein, doch das war so früh, dass ich (und sicherlich die meisten anderen Passagiere) nichts davon mitbekam. Manchmal wachte man jedoch davon auf, wenn das Schiff an einem Hafen anlegte, denn dann machten die Schiffsmaschinen andere, lautere, Geräusche als sonst. Der Schlaf an Bord war sowieso sehr unruhig. Zum einen schaukelte und vibrierte es immer ein bisschen, zum anderen wurden ab 8 Uhr Borddurchsagen gemacht, die auch in den Kabinen angesagt wurden, wenn man sie nicht abschaltete. Ich ließ sie an, denn es hieß, dass wir auch mitten in der Nacht geweckt würden, wenn es Polarlichter gibt. Dies musste bald soweit sein, denn wir kamen nun an den Polarkreis, und in diesem Gebiet sieht man selbst bei schwacher geomagnetischer Aktivität Nordlichter. Die Überquerung des Polarkreises fand an diesem Morgen um genau 7.24 Uhr statt. Es gab zuvor eine Wette, wer am nächsten dranlag. Ich hatte mich aber nicht daran beteiligt. Als die Überquerung des Polarkreises stattfand, war es noch dunkel. Ich und andere, die es geschafft hatten, früh aufzustehen, standen an Deck 7 und konnten beobachten, wie wir an einer kleinen Weltkugel, die auf einer Schäre stand, vorbeiglitten.

Während des Frühstücks kamen wir im Hafen von Ørnes an. Natürlich stellte ich mich wieder an Deck, um die Ankunft mitzuerleben, weil jede Ankunft an einem Hafen etwas Aufregendes war. Es regnete, aber es war trotzdem schön. Während der Abfahrt von Ørnes erlebte ich mit, wie an Deck 5, wo ich stand, eine Übung mit den Rettungsbooten durchgeführt wurde. Eine Stunde später fand an Deck 7 die berühmte Polartaufe statt, bei der alle, die zum ersten Mal den Polarkreis überqueren, vom Meeresgott Neptun getauft werden. Neptun wurde von dem verkleideten Kellner Patrick dargestellt, der jedem eine Kelle voll Eiswürfel in den Nacken goss. Ich machte dieses Ritual (u.a. aus gesundheitlichen Gründen) nicht mit, erhielt aber später eine Urkunde, dass ich den Polarkreis auf 66°33’51’’ überquert habe.

Das Schiff fuhr nun an grauen Gebirgszügen und bereits vegetationslosen Küstenlinien vorbei.

Nach einem frühen Mittagessen kamen wir in Bodø an. Ich ging an Land und sah mir den 47.000 Einwohner zählenden Ort an, der mir etwas befremdlich vorkam. Denn er besteht aus ein paar Geschäften und viel Industrie, vor allem einem Militärkomplex, denn die Hauptstadt von Nordland ist der Sitz des Militäroberkommandos Norwegens. Direkt wohl gefühlt habe ich mich hier nicht. Ich habe eine einfache Kirche gesehen, bin durch ein Einkaufszentrum geschlendert, habe in einer Apotheke etwas gekauft und war in zwei weiteren Geschäften. Viel Beton gibt es hier, und wenig Idylle. Ich war recht froh, als ich wieder an Bord war – dem Schiff, das inzwischen schon zu einem Zuhause geworden war. Dafür gab es am Ende des Landganges noch sagenhaft schönes Licht – einen orangeroten bis rosafarbenen Himmel, der die Industriestadt in sanftes Licht hüllte.

Wieder an Bord gab es erneut einen Polarlicht-Vortrag unserer beiden Experten, und im Anschluss zeigte Hurtigruten eine Polarlicht-Präsentation: Nordlicht-Bilder, begleitet von schöner Musik. Danach saßen Erika und ich bei einem heißen Tee zusammen und gingen in den Shop, den es an Bord gab, wo ich einige Postkarten kaufte. Die „Polarlys“ war schon seit einigen Stunden wieder unterwegs, hatte sich zwischen Schären durch den Landegofjord geschlängelt und überquerte den Vestfjord, der sich wie ein Keil zwischen Festland und Lofoten schiebt. Inzwischen war es dunkel geworden. Betrug die Tageslänge in den letzten Tagen noch 6 bis 7 Stunden (von etwa 9 bis 15/16 Uhr), so wurde es jetzt schon um 14 Uhr dunkel. Wir waren nun auf Kurs zu den Lofoten. Dafür legten wir um 19 Uhr in Stamsund an, von wo aus es mit dem Bus zu den Lofoten – zum Wikingerfest – ging, das ich als Landausflug gebucht hatte. Während wir zum Wikingerdorf fuhren, legte unser Schiff wieder ab und fuhr weiter nach Svolvær, wo wir später am Abend wieder zusteigen würden. Abendessen gab es für uns Ausflügler nicht, dafür erwartete uns ein Essen bei den Wikingern. Schon im Bus begrüßte uns ein in Wikingerkleidung gewandter junger Mann (Christian), der uns übers Mikrofon eine Einführung in die altertümliche Welt und Lebensweise der Wikinger nahelegte. Er erzählte uns auch, was uns vor Ort erwarten würde: ein heiliger Brauch, dem wir beiwohnen dürften. Im Langhaus der Wikinger auf der Lofoteninsel Vestvågøya angekommen erwartete uns die Frau des Hauses. Jeder von uns bekam einen Umhang umgehängt und betrat danach einen Raum, in dem in der Mitte ein Feuer brannte und zu beiden Seiten lange Holztafeln standen, an denen wir Platz nahmen, um das Mahl einzunehmen.

Zunächst wurde ein Feuerritual zelebriert. Leider war es nicht möglich, dieses Schauspiel zu genießen, weil die Touristen unserer Gruppe es nicht lassen konnten, wie wild Fotos zu schießen und mit dem Blitzlichtgewitter die Atmosphäre zu verderben. Ich selbst hatte aus Rücksicht auf die Authentizität des zu Erlebenden extra meine Kamera draußen gelassen. Als das Blitzgewitter vorüber war, wurde das Essen aufgetragen: Fisch und Süßkartoffeln (glaube ich). Dazu wurde Met gereicht, wobei wir uns bei jedem Schluck mit einem lauten „Skol!“ zuprosteten. Der Wikingerhäuptling ging während des Essens umher und fragte (in englisch) den einen oder anderen nach seiner Herkunft. Alle Befragten beantworteten seine Frage und berichteten ihm, woher sie kämen. Als er zu mir kam und mich fragte, dachte ich mir etwas Besonderes aus: ich erzählte ihm, dass ich ein „Time Traveler“ sei, ein Zeitreisender, der aus dem Jahr 2011 in diese Zeit gereist sei. Als er fragte, ob ich mit dem Schiff (Hurtigruten) gekommen sei (seine Standard-Frage vermutlich), sagte ich, dass ich mit einem „Spaceship“, einem Raumschiff angekommen sei. Das verwirrte ihn nun endgültig. Nach dem Essen bildeten wir einen Kreis um die Feuerstelle und tanzten und sangen, was sehr schön war. Anschließend wurde unsere Gruppe verabschiedet. Man konnte noch durch das Wikingermuseum gehen und nach Souvenirs im angrenzenden Shop gucken. Ich machte noch ein paar Fotos und dann fuhren wir auch schon wieder zurück. Das eigentliche Fest hatte nicht länger als eine knappe Dreiviertelstunde gedauert. Die „Polarlys“ hatte inzwischen den Hafen von Svolvær erreicht, zu dem wir nun fuhren und gegen 22 Uhr wieder an Bord gingen. Dort hatte man inzwischen eine Begegnung mit der „MS Lofoten“, dem ältesten der Hurtigrutenschiffe, gehabt. Es kam von Norden und fuhr an der „Polarlys“ vorbei.

An diesem Abend gab es noch ein Treffen auf Deck 7, bei dem von der Bordcrew Fischfrikadellen und Fruchtwein (ähnlich wie Glühwein) angeboten wurde. Den Steingut-Trinkbecher durfte man behalten. Zur selben Zeit passierten wir den Raftsund, eine dramatisch enge Passage, von Bergen ummauert. Davon bekam man allerdings nur wenig mit, denn man konnte im Dunkeln und bei hell erleuchtetem Deck wenig von der Landschaft sehen. Zusätzlich ging es eher um das leibliche Wohl.

Und dann passierte es! Wir bekamen unsere ersten Polarlichter zu sehen! Über Lautsprecher gab die Bordcrew sofort bekannt, dass Nordlichter an Deck zu sehen seien, was die letzten Passagiere nach draußen bewegte. Und da standen wir dann alle an Deck 7 und blickten atemlos in den Himmel. Sie waren zwar schwach, aber man konnte etwas sehen. Es waren schleierähnliche, schimmernde Lichtbögen, die sich langsam über den Himmel bewegten. Schon zuvor hatte ich erfahren, dass das menschliche Auge die Nordlichter nicht so extrem hell wahrnehmen kann wie man es auf den Fotos sieht, da das Auge bei Nacht keine Farben sehen kann. Nur die sehr hellen Nordlichter sind mit den Fotos vergleichbar. In dieser Nacht sahen wir schwächere Polarlichter, aber es war trotzdem ein Erlebnis! Und es war sicher: In den nächsten Tagen würden mehr kommen.. Da ich mein Stativ nicht dabei hatte, habe ich davon keine Aufnahmen machen können. Schnell versuchte ich noch, mein Stativ aus der Kabine zu holen, doch als ich wieder an Deck kam, waren die Polarlichter verschwunden. Erika und ich setzten uns danach noch in die Bar und sprachen über das Erlebte. Dann ging ich schlafen. In der Nacht legte unser Schiff in Stokmarknes, Sortland und Risøyhamn an. Von allen drei Häfen bekamen wir nichts mit.

5. Tag: 22. November: Tromsö und Polarlichter

Gleich am frühen Morgen kamen wir in Harstad an, einem kleinen Ort, der zu den Vesterålen gehört. Da die „MS Midnatsol“ direkt neben uns am Kai lag, stand ich rechtzeitig auf, um mir das Schiff anzusehen, wenn auch nur von außen, da unser Schiff schon bald wieder den Hafen verließ. Das lag nicht an der kurzen Liegezeit, sondern daran, dass ich nicht ganz so früh aufgestanden war. Ich schaffte es gerade noch, die „Midnatsol“ zu sehen, ging dann frühstücken und anschließend duschen. Danach ging ich an Deck, denn es wurde etwas hell draußen, und ich wollte die kurze Zeit nutzen, um die Landschaft aufzunehmen. Am heutigen Tag wurde es nämlich nur für knapp 3 Stunden hell, zwischen 10 und 13 Uhr. Es kam einem aber so vor, als würde es gar nicht richtig hell werden. Aufgrund des wolkenverhangenen Himmels war nur ein Lichtstreifen zu sehen.

Um 10 Uhr gab es an Bord eine Film-Präsentation über Tromsø, das wir heute Mittag erreichen würden. Danach kamen wir am Hafen von Finnsnes an, einem Ort mit nur 4000 Einwohnern, den wir schon eine halbe Stunde später wieder verließen. Trotzdem ging ich mit Erika kurz an Land, um mich umzusehen und Fotos zu machen. Als wir wieder an Bord waren und von Deck aus mitverfolgten, wie wir von Finnsnes abfuhren, hatten wir einen Blick auf die Gisund-Brücke, unter der wir dann auch durchfuhren. Eine der vielen gigantischen Brücken von Norwegen, die sich von Festland zu Festland spannen. Diese hier verbindet die Insel Senja mit dem Festland, misst eine Länge von 1150 Metern und ist eine der längsten Pfeilerbrücken Europas.

Nach dem Mittagessen verbrachte ich eine Weile in meiner Kabine, bis es soweit war und wir in Tromsø anlegten, einer Stadt, auf die ich mich schon ganz besonders freute. Bisher kannte ich Tromsø nur von dem regelmäßigen Blick auf die Website der Stadt. Nun konnte ich sie in echt sehen! Die kurze Tageshelligkeit war vorbei, und es war inzwischen so dunkel geworden wie bei uns um 18.00 Uhr, obwohl es erst Mittag war! Um 14.30 Uhr kamen wir in Tromsø an. Die Stadt gibt es seit dem Mittelalter und hat 68.000 Einwohner. Sie liegt auf der Insel Tromsøya mitten im Balsfjord. Drei Ausflüge standen hier zum Angebot: Ein Busausflug („Pforte zum Eismeer“), ein geführter Landgang („Polarhistorischer Rundgang“) und die Schlittenfahrt mit Huskys. Letzteres hatte ich gebucht, doch die Husky-Tour fiel leider aus, weil in Tromsø kein Schnee lag. Da dies rechtzeitig angekündigt worden war, konnte ich umbuchen und machte nun den Polarhistorischen Rundgang mit. Eine Deutsche, die nach Norwegen ausgewandert war, führte uns durch Tromsø, vorbei an den typischen Holzhäusern, aber auch großen Neubauten mit Glasfassaden.

Tromsø, so erfuhren wir auf dem Standrundgang, ist die größte Metropole des hohen Nordens, mit vielen Pubs und Lokalen. Auch eine Universität gibt es hier. Berühmt ist die Eismeerkathedrale, eine 23 Meter hohe in Dreiecksform errichtete Kathedrale, die man durch ihre Beleuchtung schon von Weitem erkennt. Auf unserem Rundgang sahen wir auch den Dom und kamen an einer Büste von Roald Amundsen vorbei.

Schräg gegenüber fand sich schließlich das Polarmuseum, in das wir hineingingen und die Geschichte der Polarregion kennenlernten. Anschließend gingen wir noch durch die Stadt und kehrten schließlich in einem Pub ein, den „Ölhallen“, wo es Weihnachtsbier gab. Ich trank davon jedoch nichts, weil ich kein Bier mag. Auf dem Rückweg zum Schiff fiel Klaus, Erika und mir noch auf, dass die Straßen von hohen Stäben gesäumt waren, an denen rote Markierungen aufgemalt waren. Von Klaus erfuhr ich, dass die Norweger diese aufstellen, um gewappnet gegen den hohen Schneefall zu sein, um die Abgrenzungen der Straßen wiederzufinden.

Insgesamt hatten wir uns drei Stunden in Tromsø aufgehalten. Um 18.30 Uhr verließen wir die Stadt wieder. Nach dem Abendessen begab ich mich mit Volker, Erika und Klaus an Deck 7, um nach Polarlichtern Ausschau zu halten. Ich hatte täglich die Voraussagen auf den entsprechenden Websites im Internet-Raum an Bord durchgeguckt. Dafür hatte ich mir die NOAA- und die Spaceweather-Website sowie andere Seiten als Favouriten gespeichert. Die Meldung dieses Tages lautete, dass es zu Polarlichtern kommen könnte, auch wenn die geomagnetische Aktivität nicht höher als KP 3 ging. Zwischen 20.30 und 0.00 Uhr hielten wir uns an Deck auf, denn dort wurden Drinks serviert und man konnte Stockfisch probieren, der wie Chips gereicht wurde. Aber ich muss sagen, dass der Fisch mir nicht sehr gut mundete. Während dieser Zeit legten wir für eine halbe Stunde in Skervøy an und begegneten dem Hurtigruten-Schiff „MS Vesterålen“, das von Norden kam und in Richtung Süden fuhr. Ab 23 Uhr durchquerten wir eine offene Seestrecke, die Lopphavet genannt wird. Dies alles bekam ich jedoch nicht mit, weil ich viel zu sehr mit dem Warten auf Polarlichter beschäftigt war. Einzig das starke Schwanken des Schiffes zwischen 23 und 1 Uhr war zu spüren. Während des Wartens gingen wir zwischendurch immer wieder rein in die Bar, um uns aufzuwärmen. Doch wir hatten kein Glück – es war kein einziges Polarlicht zu sehen. Da die Meldungen jedoch auf die Nachtzeit hinzielten, ging ich zunächst schlafen und stand um etwas nach 3 Uhr wieder auf, um nochmal an Deck zu gehen. Und tatsächlich: Es kamen Nordlichter! Zuerst kam ich mit meiner Kamera nicht klar und wurde echt nervös, weil ich nicht aufnehmen konnte, bis ich einen aus unserer Gruppe um Hilfe bat, der den Fehler fand. Danach funktionierte es, und ich stand zwei Stunden an Deck in der Kälte und machte Aufnahmen von den Nordlichtern. Diese waren in etwa so stark wie in der Nacht davor. Leider wurden fast alle Aufnahmen unscharf, weil ich vergessen hatte, auf unendlich zu stellen. Die letzten Bilder konnte ich mit scharfgestelltem Fokus machen, doch kurz darauf verschwanden die Lichter. Das war um 5.15 Uhr, und ich ging dann auch schlafen. Mit der Durchquerung der offenen Seestrecke Lopphavet gelangten wir nun in die Finnmark, den nördlichsten Teil von Norwegen.

6. Tag: 23. November: Nordkap und Polarlichter

Früh morgens legten wir in Hammerfest an, was ich jedoch nicht mitbekam, da die Liegezeit nur eine halbe Stunde dauerte und ich ja erst kurz zuvor schlafen gegangen war. Doch dass ich Hammerfest nicht sah, beunruhigte mich nicht, da wir auf dem Rückweg, auf der südgehenden Route, alle Häfen noch einmal anlaufen würden, die wir nachts verschlafen hatten, so auch Hammerfest, auf das ich mich schon freute. Nach 3 Stunden Schlaf erwachte ich. Es war hell draußen und ich musste einfach raus, da der heutige Tag der kürzeste sein würde. Nur eine Stunde Helligkeit erwartete uns! Ich ging an Deck und machte – noch ganz verschlafen – Bilder von der Landschaft, die jetzt karg war und Tundra-Charakter aufwies.

Dann frühstückte ich schnell und ging wieder an Deck, weil die „MS Nordkapp“ an uns vorbeifuhr, die ich unbedingt sehen wollte. Als ich danach in meine Kabine zurückkam, war das Bett schon gemacht und die Handtücher ausgetauscht. Auf dem Bett lag diesmal aber ein Geschenk von Hurtigruten: ein Infoblatt über Polarlichter und eine Mütze mit der Aufschrift „Hunting the Light“. Jetzt duschte ich ersteinmal und ließ mir bis zum Mittagsbuffet Zeit, das bereits ab 10.45 Uhr bereitstand. Denn der Ausflug zum Nordkap stand auf dem Programm, und der sollte um 11.45 Uhr losgehen. Derweilen legte unser Schiff für eine halbe Stunde in Havøysund an und passierte den Magerøysund. Schließlich erreichten wir Honningsvåg, wo wir das Schiff verließen, in den Bus (in drei Busse genaugenommen) umstiegen und zum Nordkap fuhren. Hier hatte es nun endlich auch mal geschneit. Dies war das erste Mal, dass wir Eis und Schnee auf den Straßen hatten.

Volker und ich saßen zusammen im Bus. Er ärgerte sich, dass er in der Nacht zuvor die Polarlichter verpasst hatte, und wir wunderten uns auch, dass es keine Borddurchsagen gegeben hatte. Später erfuhr ich, dass die Bordcrew nur dann nächtliche Borddurchsagen macht, wenn es zu sehr hellen, auffälligen Nordlichtern kommt. Ansonsten muss man sich untereinander Bescheid sagen. Die Fahrt zum Nordkap, die etwa 40 Minuten dauerte (es waren 34 km zu fahren) war eines der großen Highlights dieser wunderschönen Reise, denn wir fuhren durch die eisige Landschaft der Finnmark. Es ging 312 Meter das Gebirge hinauf. Die felsigen, kargen Berge ragten schneebedeckt gen Himmel, während in den Tälern gefrorene Gewässer zu sehen waren. Das beeindruckendste bei dieser Fahrt war der Sonnenuntergang, der im Grunde gleichzeitig Sonnenauf- und -untergang war, da die Sonne zu dieser Zeit nicht mehr ganz über den Horizont hinausreicht. Dieser Anblick war so wunderschön!! Ein violettroter Himmelstreif war über den eisigen Gebirgszügen der Finnmark zu sehen. Diesen Anblick werde ich nie wieder in meinem ganzen Leben vergessen; ich habe selten so etwas Schönes gesehen.

Dann kamen wir am Nordkap an, das angeblich nördlichste Ende Europas. Eigentlich gibt es noch einen nördlich liegenderen Teil, das auf 71°11’08’’ nördlicher Breite liegende Gebiet namens Knivskjellodden, aber das tut dem Nordkap-Plateau keinen Abbruch. Hier steht ein großes metallenes Modell einer Weltkugel auf dem einsamen Felsplateau an der Klippe zum offenen Nordmeer, die 307 Meter senkrecht zum Meer hin abfällt. Die Koordinaten 71°10’21’’ nördlicher Breite sind berühmt. Hier ist man nur noch knapp 2000 Kilometer vom Nordpol entfernt.

Der Ansturm aufs Nordkap war sehr groß. Alle Reisenden aus drei Bussen strömten zur Weltkugel, um sich vor ihr zu positionieren, die Arme gen Himmel zu heben und das typische Foto von sich aufnehmen zu lassen. Selten war man in der Lage, einen Moment zu erwischen, die Weltkugel ohne Menschen fotografieren zu können. Da es sehr windig und kalt war, ging ich bald rein. Das ganze Nordkap-Gelände umfasste nämlich noch mehr als die Weltkugel. Es gab eine über- und unterirdische Nordkap-Halle mit einem Café, einem Restaurant, einen Souvenirshop, ein Kino, in dem ein Film über die Arktis gezeigt wurde, und eine Grottenbar. Erika und ich gingen in den Souvenirshop, um Karten und Briefmarken zu kaufen, die wir dann im Café bei einem heißen Tee an Zuhause schrieben. Ich schrieb auch eine Karte an mich selbst, zur Erinnerung an diesen Tag. Für mehr blieb leider auch keine Zeit mehr, dann ging es schon wieder zurück. Aber ein Nordkap-Zertifikat erstand ich noch. Dieses trägt meinen Namen und einen Datumsstempel, der beweist, dass ich am 23. November 2011 dort war. - Das Nordkap zu besuchen war ein weiteres Highlight dieser Reise.

Um 15 Uhr kehrten wir von unserem Nordkap-Ausflug zum Schiff zurück und legten kurz darauf von Honningsvåg ab. Der Blick auf diese Stadt war imposant. Man sah auf einen schneebedeckten Berg, und darunter konnte man auf mehrere Reihen Häuser im typischen norwegischen Stil sehen. Den Berg und seine umgebende Landschaft hatte ich im Hellen gesehen. Nun, wieder zurück auf dem Schiff, stand ich wieder an der Reling und sah den Berg im Dunkeln, umgeben von Lichtern aus den Häusern. Auch diesen Anblick werde ich nie vergessen!

Während das Schiff anschließend über den Porsangerfjord glitt, legte ich mich für knapp 2 Stunden hin, um Schlaf nachzuholen, da ich wusste, dass auch die nächste Nacht aufgrund von Polarlichtsichtungen wieder lang werden konnte. Den anderen wurde Kuchen und heiße Schokolade serviert. Um 17 Uhr stand ich kurz auf und ging an Deck, weil es wieder etwas zu sehen gab: die Finnkjerka, die eleganteste Seeklippe Norwegens, die die Form einer Kirche hatte. Außerdem sollten Fischer am nächsten Hafen in Kjøllefjord an Bord kommen und Königskrabben mitbringen. Doch nach einem kurzen Aufenthalt an Deck ging ich wieder schlafen, so müde war ich. Knapp anderthalb Stunden später wachte ich wieder auf und ging zum Abendessen. Diesmal gab es kein Dinner, sondern Buffet. Und ich kam gerade noch zur letzten halben Stunde. Danach saß ich mit Volker in den gemütlichen Sesseln des Panoramadecks auf Deck 7. Wir unterhielten uns und erzählten uns viel aus unserem Leben, weil ich mir noch immer nicht im Klaren war, woher wir uns kannten. Er war mir so vertraut! Er fragte mich, ob ich morgen in Kirkenes von Bord gehen würde, und ich sagte, dass ich die gesamte südgehende Route gebucht hatte, die noch vor uns lag. Das war für mich ein wundervoller Gedanke: dass die Hälfte der Reise noch vor mir lag. Ich genoss diese Reise so sehr! Und keine einzige Minute dachte ich an Zuhause. Ich war gerade am Nordkap gewesen und wartete auf Polarlichter. Ein wunderbarer Zustand!

Vorsorglich holte ich nun schon mal mein Stativ und machte mich bereit, jederzeit auf Polarlichter eingestellt zu sein. Dann – gegen 23 Uhr – kam von Adrian die hastige Mitteilung: „Alle raus! – Polarlichter!!“ Geschwind eilte ich auf Deck 7. Es war sehr windig, doch ich fand einen idealen Platz in einer windgeschützten Ecke unter der Glasverkleidung, mit perfektem Blick auf das Nordlicht! Es war ein wunderbares Erlebnis, auch wenn die Polarlichter dieses Mal ebenso wie die zwei Abende zuvor recht schwach waren und meine Aufnahmen auch dieses Mal nicht ganz so scharf wurden wie sie sollten. Dies lag aber auch an den Bewegungen des Schiffes. Die Polarlichter beglückten uns eine Dreiviertelstunde, dann zog sich der Himmel zu und es fing an zu regnen. Wir gingen alle rein, blieben aber auf Alarmbereitschaft. Es ging immer mal wieder jemand auf Kontrollgang nach draußen, um nachzusehen, ob sich wieder Polarlichter zeigen. In der Zwischenzeit saßen wir in der Bar, tranken was und unterhielten uns. In der ganzen Zeit kamen wir inzwischen in Mehamn, in Båtsfjord und in Berlevåg an und begegneten der „MS Nordnorge“– Ereignisse, die an uns vorübergingen, so beschäftigt waren wir mit Reden, Warten und Polarlicht-Kontrollgängen. Auch hatte das Schiff wieder starken Seegang. Bis 3.00 Uhr warteten wir alle aufs Nordlicht, aber es kam nicht mehr dazu. Müde ging ich schließlich zu Bett.

7. Tag: 24. November: Kirkenes, Vardö und Polarlichter

Seit der vergangenen Nacht befanden wir uns nicht mehr im europäischen Nordmeer, sondern in der Barentssee. Früh am Morgen liefen wir im Hafen von Vadsø ein, um diesen eine halbe Stunde später wieder zu verlassen. Ich verschlief dies, und auch das Frühstück verpasste ich. Stattdessen holte ich mir in der Caféteria ein belegtes Brötchen, eine Orange und einen Tee und frühstückte dort. Inzwischen waren wir in Kirkenes angekommen und die meisten waren auf dem Ausflug zur russischen Grenze unterwegs, so dass das Schiff recht leer war. Bis 12.45 Uhr hatte ich Zeit, mir Kirkenes anzusehen. Daher machte ich mich gleich auf den Weg, um die nordöstlichste Stadt Europas, die an der Grenze zu Russland und Finnland liegt, zu erkunden.

Der 3500-Seelen-Ort war vereist und recht trist. Bis zum Stadtzentrum kam ich nicht, ich spazierte die entlegenen Straßen nahe des Hafens entlang, so lange es noch halbwegs hell war. Denn auch heute hatten wir lediglich knapp 2 Stunden Tageshelligkeit. Nach einer Stunde kehrte ich zum Schiff zurück. Mit dem Erreichen von Kirkenes erreichten wir auch die Halbzeit der Reise. Bis hierhin hatten wir 2463 Kilometer auf See zurückgelegt. Nun ging es wieder südwärts Richtung Bergen und wir sollten noch einmal die gleiche Strecke zurücklegen und dabei die Häfen anfahren, die wir auf der nordgehenden Route verschlafen hatten.

Nach dem Mittagessen verbrachte ich die Zeit bis zum nächsten Hafen in meiner Kabine, um mich auszuruhen und ein bisschen Schlaf aufzuholen. Am Nachmittag legten wir dann in Vardø an, der östlichsten Stadt Norwegens und der ältesten Stadt der Finnmark, die auf einer Insel vor der Halbinsel Varanger liegt. Wir hatten eine Stunde Aufenthalt, in der einige aus meiner Gruppe beim Eismeerbaden mitmachten. Dabei galt es, in das eiskalte Wasser am Hafen zu tauchen und eine gewisse Zeit darin zu schwimmen. Später bekamen die mutigen Teilnehmer eine Urkunde, im eisigen Wasser der Barentssee gebadet zu haben. Ich ging währenddessen alleine los und spazierte durch die hafennahen Straßen von Vardø. Es war ein wunderbares Gefühl, in einem kleinen Ort auf vereisten Straßen entlangzugehen, an denen es nur Holzhäuser, ein paar Firmen und einen Pub gab, und zu wissen: ich bin in der Finnmark, am äußersten Ende Europas, am Ende der Welt. Dieses Gefühl war ein weiteres Highlight meiner Reise! Auch hier war es wieder dunkel, obwohl wir erst Nachmittag hatten. Ich glaube, dieser Ort hat dazu beigetragen, dass ich meine Angst vor Dunkelheit verloren habe!

Um 17 Uhr verließ die „Polarlys“ Vardø und nahm Kurs auf Båtsfjord. Später am Abend fuhr es den Hafen von Berlevåg und in der Nacht die Häfen von Mehamn und Kjøllefjord an. Davon bekamen wir nichts mit, denn nach dem Abendessen machten wir uns erneut bereit für die nächsten Polarlichter. Schon zuvor hatte ich mit einem Blick ins Internet gesehen, dass die Möglichkeit dafür sehr groß war; ich rechnete sogar schon während des Abendessens mit Nordlichtern. Tatsächlich traf es dann auch genauso ein: Die ersten Lichter fingen leicht an zu schimmern, bevor wir zum Essen gingen und während wir noch beim Essen saßen, hörten dann aber wieder auf. Doch gegen 20.30 Uhr ging es dann richtig los! Bis kurz vor Mitternacht wurde uns vom Himmel eine Show der Superlative geschenkt!

Ein Lichtbogen nach dem anderen glitt lautlos über den klaren Sternenhimmel, und man wusste gar nicht, wohin man zuerst die Kamera richten sollte, denn der ganze Himmel war voll von Lichtern!! Mal erschienen sie als Lichtvorhang, mal als Lichtbogen. Als ich nach mehr als drei Stunden erschöpft und glücklich meine Aufnahmen betrachtete und sie schnell abspielte, konnte man sogar eine Abfolge (wie einen Film) erkennen. Die Reisenden, die mir dabei zusahen, sprachen mir ihre Anerkennung für diese Aufnahmen aus, die anscheinend wirklich gut geworden sind (trotz ihrer Unschärfe). Es war ein tolles Erlebnis! Ich war glücklich. Jetzt musste ich ersteinmal feiern. Volker und ich gingen an die Bar und bestellten uns einen „Polarlicht“-Cocktail (ja, den gibt es tatsächlich!).

So lange blieben wir nicht mehr auf. Da ich das Gefühl hatte, dass in der Nacht keine Polarlichter mehr kommen würden, ging ich früh schlafen. Tatsächlich hatte ich auch Recht behalten. Die anderen hatten umsonst gewartet. Und ich konnte endlich mal wieder ausschlafen. In der Nacht hatten wir starken Seegang. Aber das war angenehm. Das Schaukeln ist schön, wenn man in der Koje liegt. Es fühlt sich an, als würde jemand einen wie ein Baby in den Schlaf wiegen.

8. Tag: 25. November: Hammerfest und Eismeerkathedrale in Tromsö

Früh am Morgen erreichten wir Honningsvåg, doch das war so früh, dass ich es verschlief. Auch die Vorbeifahrt der „MS Richard With" verpasste ich. Nach dem Frühstück kamen wir in Hammerfest an. Jetzt war ich gespannt, denn ich wollte die Galerie „Siebengestirn" (Plejaden!) der Malerin Eva Arnesen finden, die ich in einer TV-Dokumentation gesehen, aufgenommen und schon mehrmals angeguckt hatte. Sie malt Polarlicht-Bilder in Öl und Aquarell. Sie und ihr Mann leben in Hammerfest und fahren an den Wochenenden oft aufs Land in ihre Ferienhütte. Dort machen sie es sich mit einem Kaminfeuer und heißem Tee gemütlich und warten auf das Polarlicht. Wenn es dann kommt, sieht Eva Arnesen es sich an und malt es anschließend aus dem Gedächtnis nach. Die Bilder stellt sie in ihrer Galerie aus, und ihr Mann, ein ehemaliger Tischler, macht die Rahmen dafür. Wenn ich einmal in Hammerfest bin, so hatte ich mir damals gesagt, dann suche ich diese Galerie auf. Bei der Touristeninformation erfuhr ich, dass die Galerie „Syvstjerna" nur 150 Meter vom Kai entfernt lag. Fast wäre ich daran vorbeigegangen, aber ich sah die mir bekannten Bilder durch das Schaufenster – das musste es sein, obwohl die Galerie einen anderen Namen trug.

Als ich eintrat, merkte ich, dass ich richtig war: mein Blick fiel gleich auf die Künstlerin und ihren Mann. Ich ging auf die beiden zu und stellte mich ihnen freudestrahlend vor. Ich sagte (in englisch), dass ich aus Norddeutschland käme und sie im Fernsehen gesehen hätte, und dass ich mit der „Polarlys“ hier sei und ihre Galerie gesucht hätte. Der Mann war total freundlich, freute sich über meine Schilderung und erzählte mir, dass sie vor kurzem umgezogen seien und erst jetzt so nahe am Hafen wären. Sie würden auch gleich auf das Schiff gehen (dasselbe Schiff!) und bis nach Tromsø mitfahren. Mit der Künstlerin selber sprach ich leider nicht, aber der Mann von ihr zeigte mir alles, und später durfte ich noch ein Foto von den beiden vor ihrem schönsten Gemälde machen.

Später sah ich die beiden noch einmal auf dem Schiff. Dies war ebenfalls ein Highlight der Reise! Danach ging ich noch durch die Straßen von Hammerfest, glücklich, da zu sein. Selbst als ich Volker traf, der auch alleine unterwegs war, wollte ich alleine weitergehen, um so viel wie möglich von der Stadt aufnehmen zu können. Gott sei Dank war es zu diesem Zeitpunkt noch hell, denn eigentlich sollte auch dieser Tag nur wenige Stunden Tageslicht hervorbringen. Hammerfest ist die nördlichste Stadt der Welt und bekannt dafür, als erste Stadt Norwegens Elektrizität gehabt zu haben. Hier befindet sich auch ein großes Wasserkraftwerk, das man im Landausflug „Arktische Energie“ besuchen konnte. Ich hatte diesen Ausflug gebucht, mich dann aber spontan umentschieden. Ich fand es schade, nach so kurzer Zeit wieder fort zu müssen und wäre gerne noch geblieben. Dort habe ich mich sehr wohl gefühlt.

Nach dem Mittagessen verbrachte ich die Zeit bis zum Abend mit Volker auf dem Panoramadeck, wo wir Spiele spielten, Karten spielten und uns unterhielten. Auch in den Bordshop ging ich zwischendurch mal, um mir dort ein Polarlys-T-Shirt zu kaufen. Draußen auf Deck 7 wurde in dieser Zeit ein Schnellkurs im Knotenmachen gegeben. Wer daran Interesse hatte, konnte teilnehmen. Ab 15.30 Uhr wurde es wieder etwas schaukelig, denn wir überquerten wieder Lopphavet, die offene Seestrecke, für die das Schiff etwa zwei Stunden brauchte. Um 18 Uhr gab es dann ein Weihnachtsbuffet. Das lag daran, dass danach eine Festgesellschaft erwartet wurde, die in Tromsø zusteigen würde. Während diese feiert, würde die „Polarlys“ einmal um die Insel fahren, um danach wieder anzulegen, wenn die Feiernden von Bord gehen.

In Tromsø kamen wir dann kurz nach 20 Uhr an. Nun waren wir ein zweites Mal hier. Ich hatte das Mitternachtskonzert in der Eismeerkathedrale gebucht, war mir nun aber nicht mehr sicher, ob ich dort am richtigen Ort war. Nicht nur, dass dieses Konzert genau zur besten Polarlichtzeit stattfand, sondern auch, dass eine Sturmflut angekündigt worden war und es hieß, dass man uns eventuell nicht mehr an Bord holen konnte, weil das Schiff bei einer Überschwemmung nicht mehr würde anlegen können. Kristiansund sei bereits überflutet, hieß es. Schließlich ging ich aber mit aufs Konzert. Wir fuhren mit dem Bus zur Eismeerkathedrale, wo wir tatsächlich ein wunderbares Konzert erlebten, mit wundervoller Musik, gesungen und gespielt von drei Norwegern. Die Musik war so berührend, dass mir das Herz aufging und mir die Tränen in die Augen stiegen. Danach reichte man der Sängerin die Hand, und ich sagte ihr, dass sie eine wundervolle Stimme hätte. Wieder auf der Straße hielten Erika und ich nach eventuellen Polarlichtern Ausschau, aber es gab keine zu sehen

Über den Städten war es meist diesig und durch die Lichter viel zu hell, so dass es eher unwahrscheinlich war, welche zu sehen. Da das Schiff erst gegen Mitternacht wieder am Kai anlegen würde, gingen Erika und ich noch durch die Stadt und setzten uns dann in einen gemütlichen Pub namens „Egon“ und tranken einen Rotwein. Überall war es weihnachtlich geschmückt, und in dem Pub wurden moderne Weihnachtslieder gespielt.

Erika und ich schwärmten von unserer wunderbaren Reise, und ich konnte mich an Tromsø gar nicht sattsehen, so schön fand ich es, hier zu sein. Um etwa 0.15 Uhr gingen wir wieder zum Schiff zurück, das bereits angelegt hatte. Dort erfuhr ich, dass die anderen, die an Bord geblieben waren, Polarlichter gesehen hatten (aber schwächere als gestern). Zwei oder drei von unserer Gruppe waren auf das Dach der Universität von Tromsø gestiegen und hatten sie von dort aus beobachtet. Da ärgerte ich mich schon ein wenig, dass ich was verpasst hatte. Doch ich war ja nicht nur wegen der Polarlichter auf dieser Reise, sondern auch wegen des norwegischen Erlebnisses, und das hatte ich an diesem heutigen Tag gehabt. Für eine Weile setzte ich mich noch in die Panoramalounge, um den Hafen von Tromsø zu betrachten. Als unser Schiff um 2.30 Uhr den Hafen von Tromsø verließ, schlief ich bereits. Aber ich stand um 3 Uhr nochmal auf, um an Deck nach Polarlichtern Ausschau zu halten. Erika war auch noch mal aufgestanden, und auch andere aus unserer Gruppe standen bereits an Deck. Es war ein absolut klarer, wunderbarer Sternenhimmel, den wir über uns sahen. Ein perfekter Großer Wagen, ein vollkommener Oriongürtel war zu sehen – aber keine Polarlichter. Daher legte ich mich um 4 Uhr wieder schlafen.

9. Tag: 26. November: Svolvaer

Am Morgen lief unser Schiff in Harstad ein, was ich jedoch nicht mitbekam, da ich noch schlief. Auch die Ankunft im Hafen von Risøyhamn bemerkte ich nur durch die Borddurchsage, die mich jäh aus dem Schlaf holte. Das Frühstück verpasste ich, aber es gab so früh Mittagessen, dass dieses zu meiner ersten Mahlzeit wurde. Zuvor, nachdem ich ausgeschlafen hatte, ging ich an Deck, um noch ein wenig Tageslicht mitzukriegen, von dem wir heute knapp drei Stunden erleben würden. Dort sah ich erstmals eine spiegelglatte See, in der sich die Berge Norwegens spiegelten. Doch sobald wir von Risøyhamn ablegten, kam wieder Bewegung ins Wasser.

Nach dem Mittagessen ging ich wieder an Deck, um weitere Fotos zu machen. Danach verbrachte ich fast den ganzen Tag mit Volker auf dem Panoramadeck, wo wir Karten spielten, während für Interessierte auf Deck 7 ein Schnellkurs im Fisch-Filettieren angeboten wurde. Mittags liefen wir in Sortland ein, danach in Stokmarknes. Und anschließend fuhr das Schiff durch den engen Raftsund, bei dem man die Berge ganz nah vor sich hatte. Das alles erlebten wir vom kuscheligen Panoramadeck aus. Erst abends gab es wieder einen Landgang. Diesmal in Svolvær, wo wir um 18.15 Uhr ankamen und bis 21.30 Uhr Zeit hatten. Wegen des Wikingerfestes hatte ich letztes Mal keine Zeit, mir die Magic-Ice-Galerie anzusehen. Dies holte ich nun zusammen mit Erika und Volker nach.

Die Galerie befand sich gleich am Hafen und beinhaltete eine Ausstellung von Eisskulpturen, die mit buntem Licht ausgeleuchtet waren. Dadurch bekamen sie magischen Charakter. Da sie erhalten bleiben mussten, war es sehr sehr kalt in der Ausstellungshalle. Es gab dort auch eine Bar, die ganz aus Eis bestand. Sogar die Gläser waren aus Eis gemacht. Wenn man einen Drink bestellte, konnte man das Glas mitnehmen. Ein Souvenir, das man in jedem Fall nicht für ewig behalten konnte, wenn man nicht gerade eine Kühlbox bei sich hatte. Da es uns dort zu kalt war, wir aber noch was trinken wollten, machten wir uns auf die Suche nach einem Pub.

Zuvor kamen wir an einer weiteren Galerie vorbei, die wir uns ansahen. Es gab auch noch ein Kriegserinnerungen-Museum, aber in dieses wollten wir nicht hineingehen. Erika verabschiedete sich dann von uns und Volker und ich gingen noch in einen hafennahen Pub, der sehr urig war. Dort tranken wir Bier bzw. Rotwein und hatten somit einen echten Samstagabend-Ausgeh-Trip. Um kurz vor halb zehn beeilten wir uns dann, wieder rechtzeitig aufs Schiff zu kommen. Am Kai lag noch ein weiteres Hurtigruten-Schiff: die „MS Kong Harald". Wieder an Bord gab es ein spätes Abendbuffet. Danach war ich wieder an Deck, um mir noch ein wenig frischen Wind um die Nase wehen zu lassen. Svolvær hatten wir nun verlassen, um Stamsund anzusteuern, das wir um 23.15 Uhr erreichten. Da ich noch Lust hatte, was zu unternehmen, klopfte ich bei Volker an der Kabinentür, der ebenfalls auf Deck 3 wohnte. Ich holte ihn ab und wir gingen aufs Panoramadeck und in die Bar. Später surften wir noch im Internet. Polarlichtwarnungen gab es nicht, also ging ich gegen 1.00 Uhr schlafen. Das Schiff schwankte jetzt wieder etwas mehr, da wir auf dem Weg nach Bodø den Vestfjord, eine offene Seestrecke, überquerten und zudem Sturmflut hatten.

10. Tag: 27. November: Polarkreis, MS Midnatsol und starker Seegang

Früh fuhr unser Schiff in den Hafen von Ørnes ein, aber da schlief ich noch. Auch die Vorbeifahrt der „MS Lofoten" verpasste ich erneut. Doch pünktlich um 9.20 Uhr stand ich an Deck, um mir bei unserer nochmaligen Polarkreisüberquerung den kleinen Weltglobus im Hellen anzusehen. Die Bordcrew und die Reiseleiterin hatten auch wieder mal etwas vorbereitet. Diesmal gab es Lebertran für jeden, der eine lange Gesundheit garantieren sollte. Auch dieses Ritual machte ich nicht mit (wegen der Wale!).

Ich ging lieber frühstücken und animierte anschließend Volker, mit mir durchs ganze Schiff zu stromern und von allem Fotos zu machen, was wir auch taten. Klaus hingegen ging einer Einladung des Kapitäns nach, denn als Ambassador-Mitglied hat man diesen Vorzug. Er durfte das Privileg geniessen, die Brücke zu bessichtigen. Noch am selben Tag holte ich mir ebenfalls eine Anmeldung für die Ambassador-Mitgliedschaft, füllte sie aus und gab sie am Abreisetag ab.

In der Zwischenzeit hielten wir am Hafen von Nesna. Volker und ich gingen an Deck und sahen uns vom Schiff aus den Hafen an. Es war interessant, die Menschen zu beobachten: eine alte Frau mit Gehhilfe, die beim Betreten des Schiffes Hilfe von unserem netten Stewart erhielt, zwei junge Männer, die auf ein Paket warteten und eine Familie – Eltern mit Kind – die sich die Ankunft der „Polarlys“ ansehen wollten. Offensichtlich ist es in so einsamen Orten ein Erlebnis, wenn eines der Postschiffe anlegt.

Danach machten Volker und ich mit unserer Fototour weiter. Ich fotografierte alles, vom Unter- bis zum Oberdeck, um alles dokumentieren zu können. Hin und wieder blieben wir an Schautafeln stehen, lasen uns Informationen über Seevögel oder über das Schiff durch. Mittags kamen wir in Sandnessjøen an und durchfuhren zuvor die Helgelandbrücke. Auch da ging ich wieder kurz an Deck, um die Ankunft mitzuerleben. Es war noch hell, und immerhin hatten wir heute über 4 Stunden lang Tageslicht. Man merkte: wir kamen langsam wieder in den Süden! Beim Mittagessen fing es an zu schneien. Wir hatten Ersten Advent und erlebten, wie dicke Flocken vom Himmel kamen. Dies war ein weiteres kleines Highlight der Reise. Wir saßen da und schauten aus dem Fenster in das Schneetreiben im Hafen von Sandnessjøen, aus dem wir gerade ausliefen.

Danach setzten Volker und ich uns ins Panoramadeck, guckten raus, spielten Karten und unterhielten uns. Wir kamen dabei an einer Bergkette vorbei, welche „Sieben Schwestern" genannt wird, weil sie aus sieben Berggipfeln besteht. Zwischendurch musste ich kurz weg, weil es eine Polarlichtfoto-Präsentation unserer „Eclipse"-Reisegruppe gab. Dort wurden die Polarlichtfotos von einigen aus unserer Gruppe vorgeführt. Nach der Präsentation ging ich zurück aufs Panoramadeck, und auch mal kurz an Deck, um Fotos zu machen. Als das Schiff gegen 16.15 Uhr in Brønnøysund anlegte, machte ich während der Dreiviertelstunde Aufenthalt einen kurzen Landgang, der aber recht unspektakulär war. Danach zog ich mich in meine Kabine zurück. Das Abendessen war diesmal das Abschiedsessen, auch wenn es der vorletzte Abend an Bord war, denn viele Passagiere würden morgen in Trondheim das Schiff verlassen, und auch die Bordcrew würde teilweise wechseln. Wenn mir auch von dem Essen an Bord nur die Erinnerung bleibt, dass es viel Fisch und statt Fleisch für mich ein vegetarisches Essen (meist aus Pasta oder überbackenem Gemüse bestehend) gab, werde ich die heutige Vorspeise nie vergessen: Es gab einen Wrap mit Lachs. Lecker!!

Bald nach dem Abendessen legten wir in Rørvik an. Hier lag die „MS Midnatsol“, und Volker und ich gingen rüber und besichtigten per Guest-Card das Schiff. Es war von derselben Bauart wie die „Trollfjord“, und erst dachte ich, ich sei erneut auf der „MS Trollfjord“ gelandet. Auch dieses Schiff bestand aus neun Decks, einem gläsernen Fahrstuhl, viel Luxus und dem obligatorischen Whirlpool an Deck. Um 21.30 Uhr verließ unser Schiff Rørvik und ließ die „Midnatsol“ ebenfalls hinter sich.

Wieder an Bord, setzten Volker und ich uns aufs Panoramadeck, nachdem wir uns an der Bar etwas zu trinken geholt hatten. Da wir am späten Abend wieder eine offene Seestrecke durchquerten – die Folda – wurde das Schwanken des Schiffes aber so heftig, dass wir beschlossen, zu Bett zu gehen. Das Schiff schaukelte so extrem, dass wir nur noch torkelnd vorwärts kamen. Unten auf Deck 3 angelangt, lotste mich eine Angestellte des Schiffes (die ich von der Bar kannte) zu meiner Kabine. Auch wenn ich dieses letzte Stück selbst geschafft hätte, war es trotzdem nett von ihr, mir zu helfen. Zurück in der Kabine beeilte ich mich, in die Koje zu kommen, denn aus den letzten Sturmflut-Tagen wusste ich schon, dass das Schaukeln im Liegen zu ertragen war, ja sogar schön war. Und so war es auch. Trotzdem war es grenzwärtig, und schlimmer hätte es nicht werden dürfen. Immerhin hatten wir Windstärke 11, und die Wellen, die gegen das Schiff schlugen, waren sieben Meter hoch! Am nächsten Tag erfuhren wir, dass es den beiden vor und hinter uns liegenden Schiffen noch schlimmer ergangen ist, und dass wir verhältnismäßig glimpflich davongekommen waren.

11. Tag: 28. November: Letzter Tag

Der letzte Tag dieser „schönsten Seereise der Welt“ begann mit einer frühen Ankunft in Trondheim, die ich verschlief. Da wir dort aber 3 ½ Stunden Aufenthalt hatten, nutzte ich nach dem Frühstück die letzte halbe Stunde, um kurz an Land zu gehen, denn neben uns lag die „MS Vesterålen“. Mit einer Guest-Card guckte ich mir das schon etwas in die Jahre gekommene Schiff an. Der Unterschied zur „Trollfjord“ und zur „Midnatsol“ war deutlich sichtbar. Trotzdem dieses Schiff solide und verhältnismäßig luxuriös wirkte, war alles etwas abgewohnt. Ich war der einzige Gast, weil vermutlich alle anderen schon früher da gewesen waren, und man beäugte mich etwas misstrauisch. So ging ich deshalb auch bald wieder von Bord, mit dem Bewusstsein, dass ich auf diesem Schiff sicherlich nie mitfahren wollen würde.

Wieder an Bord verließ unser Schiff Trondheim und Volker und ich setzten uns auf Deck 4 in eine der Sitzgruppen und fingen an, Erinnerungsfotos von den Passagieren zu machen, die wir im Laufe der Reise kennengelernt hatten. Es war der letzte Tag, und nun wurde es Zeit dafür. Jeder, der nun zum Mittagsbuffet ging, wurde von uns angehalten und fotografiert. Das Gemeinschaftsgefühl zu den anderen Passagieren war groß, und irgendwie kam es mir vor, als seien wir eine große Familie, die Bordcrew mit eingeschlossen. Beim Mittagessen sah ich dann auch am Büffet erstmals den Kapitän des Schiffes. Nach dem Essen setzte ich mich zu einer der Reisenden, der Lebensgefährtin einer der Polarlicht-Experten, die auf einem Tisch Engelbilder ausgebreitet hatte, die sie selber gemalt hatte. Und da entdeckten wir, dass wir uns über unsere Schöpfungen kennen – ich kenne ihre Bilder und sie mein Magazin. Wie klein doch die Welt ist! Wir hatten uns nie gesehen, aber ich kannte sie, und sie mich.

Später wurde im Folda-Raum auf Deck 4 eine Hurtigruten-Präsentation über die Reisen gezeigt, die nach Grönland, nach Spitzbergen und in die Antarktis angeboten werden. Dabei bekam ich richtig Lust, auch diese Reisen noch mitmachen zu wollen, vor allem die in die Arktis und in die Antarktis. Später am Nachmittag legten wir in Kristiansund an. Inzwischen war es schon wieder dunkel geworden, doch immerhin betrug die Tageslänge jetzt wieder etwa 5 ½ Stunden. Hier machten wir wieder einen kurzen Landgang. Da die „Polarlys“ jedoch Verspätung hatte, konnten wir nur ein paar Minuten von Bord gehen. Als ich von Bord ging, warf ich dem Stewart lachend entgegen: „bis gleich – in 1 Minute!“ Tatsächlich waren es dann 5 Minuten, doch eigentlich sollte die Liegezeit eine halbe Stunde betragen. Da jedoch auch Waren aus- und eingeschifft wurden, verspätete sich unser Schiff auch hier und wir fuhren dann doch erst mit etwa 20 Minuten Verspätung weiter.

Um 19 Uhr gab es das „letzte Abendmahl“ für uns. Diesmal saß ich mit den ganzen Astronomie-Experten unserer Gruppe, mit den beiden Professoren und einigen Studenten an einem Tisch. Da einer der Profs zuvor meine Website studiert hatte, warf er das Thema EM-Feld, auch das körpereigene und seine Korrelation zum Erdmagnetfeld und zur Sonne, über das ich geschrieben hatte, in die Runde und eine lebhafte Diskussion entstand, in der sich die gespaltenen Lager zwischen Wissenschaft und Metaphysik zeigten. Das tat der Stimmung am Tisch jedoch keinen Abbruch. Nach dem Essen stellte sich unsere Eclipse-Gruppe zum Gruppenfoto auf.

Ich zeigte Daniel Fischer, unserem Polarlicht-Experten, meine Nordlicht-Fotos und überspielte sie ihm. Anschließend fand ich Volker in der Bar und wir tranken was zusammen. Später zogen wir ins Panoramadeck um, und gegen Mitternacht, als das Schiff für eine Stunde in Ålesund hielt, gingen wir an Land und hielten uns eine Zeitlang am Kai auf. Zuvor hatten wir noch Molde, die Stadt der Rosen, angefahren, aber das hatte keiner so richtig mitbekommen. Auch in dieser Nacht gab es wieder starken Seegang. Da dieser aber in der Nacht erst losging, merkte man davon nicht viel.

12. Tag: 29. November: Abreise

Nun hieß es, Abschied von Norwegen zu nehmen. Gepackt hatte ich noch in der Nacht, den Rest erledigte ich nach dem Frühstück. Die Kabine mussten wir bis 10 Uhr verlassen haben. Jedes Deck hatte seinen speziellen Platz, um die Koffer abzustellen, die dann Deck für Deck eingesammelt wurden. Bis zur Ausschiffung konnten wir unser Handgepäck und unsere Jacken in einem eigens dafür eingerichteten Raum unterbringen. Den Rest der Zeit an Bord verbrachten wir auf Deck 4, wo ich meist mit Volker und Erika zusammensass. Es gab nichts weiter zu tun als dazusitzen und auf die Ankunft in Bergen zu warten. Letzte Adressen wurden ausgetauscht und letzte Tees zusammen getrunken, während wir den Sognefjord durchquerten. Mein letztes Kleingeld investierte ich schließlich noch in Süßigkeiten und tat etwas in den Trinkgeld-Topf für die Bordcrew. Nach dem Mittagessen, das wir noch an Bord bekamen, trafen wir mit der obligatorischen Viertelstunde Verspätung um 14.45 Uhr in Bergen ein und verließen deckweise das Schiff. Einige Crewmitglieder standen an der Gangway, die wie bei der Ankunft auf Deck 5 statt auf Deck 3 lag, um uns zu verabschieden, darunter auch der besonders freundliche Stewart. Mit dem Bus wurden wir zum Flughafen gebracht und checkten dort ein. Nach einer Stunde und 40 Minuten landeten wir in Düsseldorf und ich nahm von dort aus den Zug in meine Heimatstadt.

 

Man kann wirklich sagen, dass diese Reise mit Hurtigruten die „schönste Seereise der Welt“ ist. Wir hatten zwar Pech mit dem Wetter gehabt, denn für diese Jahreszeit war es in allen Gebieten, in denen wir waren, zu warm, und es hatte im Süden viel zu viel geregnet, ganz zu schweigen von der Sturmflut auf der Rückfahrt – doch die Reise in ihrer Gesamtheit ist etwas ganz Außergewöhnliches, das mir für immer als eines der wichtigsten Erlebnisse meines Lebens in Erinnerung bleiben wird. Die Highlights wie das Nordkap, die Fahrt durch die Finnmark, die Polarlichter, der Spaziergang durch Vardø, Tromsø und die Galerie in Hammerfest – sind bleibende lebhafte Erinnerungen in meinem Herzen, die ich bewahren werde. Es ist etwas sehr außergewöhnliches, das Schiff als das eigene Zuhause zu empfinden, das man in jeden Hafen, an dem man anlegt, mitnehmen kann. Auch die Versorgung durch die Bordcrew – das Essen, die Pflege der Kabine, die Ausflüge und die Aktionen an Deck – sind eine Bereicherung. Ich kann jedem Nordland-Fan nur empfehlen, solch eine Reise mitzumachen. Es lohnt sich. Nicht zuletzt für die eigene Psyche, denn es ist etwas geschehen, was ich niemals für möglich gehalten hätte: Ich habe meine Angst vor Dunkelheit verloren. Seit 14 Jahren – seit dem Tod eines geliebten Menschen – hatte ich Angst, im Dunkeln einzuschlafen und hatte stets mit einem kleinen Nachtlicht geschlafen, was jedoch Körper und Seele nicht gut tut. Als er starb, ging ein Teil von mir mit in diese andere Dimension. Später kam eine Spinnenphobie hinzu, und die Angst, im Dunkeln auf der Straße zu sein. An Bord schlief ich in einer dunklen Kabine und hatte keine Möglichkeit, ein Nachtlicht anzumachen. Aufgrund der kurzen Tageshelligkeit erlebte ich die meisten Orte im Dunkeln, was ich irgendwann zu genießen begann. Norwegen ist außerdem ein sehr ursprüngliches Land, das von der Natur lebt. Auch das hat dazu beigetragen, in mir wieder ein Gefühl für das Natürliche zu bekommen. Wenn die Angst vor der Dunkelheit verschwindet, verschwinden auch die Dämonen und das innere Licht beginnt sich wieder zu entfalten. Dies ist bei mir passiert und dafür bin ich unendlich dankbar. Die Polarlichtreise war also eine echte Lichtreise!

 

© Susanne Sejana Kreth